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Die Rache der Jeanne-Lise Fournier


Film-Mechaniker

Empfohlene Beiträge

Mastix.

 

Mittlerweile kenne ich das Rezept für Mastix, diese seit Jahrhunderten bekannte Fugenmasse, die seit den Anfängen der Fotografie auch geschwärzt in Gebrauch ist. Die vielen Jahrzehnte der Holzkameras mit Balgen und Rahmen, Héliogravure, Daguerréotypie, Ferrotypie, Naßkollodion- und Trockenplattenverfahren, immer waren Ritzen und Fugen lichtdicht zu machen. Das setzte sich also bis zum Ende des Amateurfilmkamerabaus fort. Der Entschluß reift in mir, schwarzes Mastix selber herzustellen und zu vertreiben.

Hallo Simon,

 

habe Dir eine PN zugesandt.

 

Gruß

 

Joachim :-D

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Noch ein Mal hinabgestiegen ins Gestänge und Getriebe der MR8:

 

Das Auge der Greiferstange schlägt bei jeder Umdrehung auf zwei isolierte Kontaktfedern und schließt damit elektrischen Stromkreis zur Masse. Der eine Kontakt liegt vorne und wird bei angehaltenem Getriebe gedrückt, die Belichtungsmessung ist eingeschaltet. Der andere liegt unten und löst Blitz oder Tonimpuls aus. Wie ich aus Beiträgen in anderen Foren zur MR 8 nun weiß, ist Enge ein Problem. Das bauchige Umleitblech, das den Film von der Kurbelscheibe fernhält, läßt nicht nur bei der Kamera von uhuplus sehr wenig Platz für den Kontakt.

 

Beim Montieren glaubte ich, etwas falsch zu machen, doch es gibt keinen Spielraum. Das Umleitblech ist oben mit der Fensterplatte verschraubt, diese ist durchs Gehäuse hindurch mit der Front verschraubt, die Front wiederum quer dazu an der Hauptplatine des Werks und das Werk mit drei Schrauben in der Gehäuseschale befestigt. Ich kann das Werk nicht schieben. Ich kann die Front nicht schieben. Ich kann die Fensterplatte, eigentlich ein Druckgußstück mit eingesetztem Blech, minimal seitlich schieben, nach unten oder oben im Bereich von etwa 0,1 mm. Es ist einfach alles zusammengedonnert. Wegen der beiden Kontaktfedern klappert die Kamera. Ein gewisses Maß an Andruck muß vorhanden sein, sonst ist eines Tages wegen Abwetzung kein Kontakt mehr. Die Kontaktpunkte weisen entsprechende Riefen auf.

 

Viel Aluminium, auch der Haltering zwischen Sucherrohr und Augenmuschel, wo Stahlschrauben natürlich unter Druck das Gewinde nur ausweiten (M1,2). Die Andrückplatte aus Stahlblech wird mit zwei Wendelfedern von einem Halteblech gestützt, welches seinerseits mit Bohrungen auf Stützen sitzt. Diese sind in ein formgedrücktes Alublech genietet, das auf Gewindezapfen geschraubt wird. Die Zapfen sitzen in der Hauptplatine. Billig, billig, billig

 

Immerhin, sie flitzt wieder. Gegen Ende gibt die Zugfeder nach. Das kann man bei der Konstruktion nicht vermeiden. Eine neue Feder brächte besseren Durchzug. Man könnte auch die Federvorspannung vergrößern oder die Federsperre entfernen. Man kann jedoch dank umlaufendem Federhaus im Lauf nachspannen und im Prinzip den ganzen Filmvorrat ununterbrochen belichten, zwei Minuten und fünf Sekunden bei Tempo 16. Nach Entfernen der Flachkopfschraube mit Linksgewinde und Stirnlöchern kann man die Aufzugkurbel abziehen. Eine flexible Welle läßt sich auf den Federkern zwingen. Ein Helfer spannt die Feder nach, man ist frei zur Führung von Kamera und Stativ.

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Dann wöge sie vermutlich etwa fünf Kilogramm!

 

Das unterscheidet uns Flugzeugkonstrukteure von euch "gewöhnlichen" Mechanikern:

Wir sind es uns gewohnt, leicht und trotzdem stabil zu bauen... *lach

 

Unsere Devise: immer das leichteste Material, so wenig wie möglich davon und so raffiniert miteinander kombiniert, dass die Konstruktion hinterher sogar fliegen tut... *lach

 

Stell dir vor, ich müsste eine Kamera konstruieren: Die könnte dann sogar fliegen... ganz ohne Stativ...

 

Stell dir vor, du müsstest einen Flieger konstruieren: Der würde wie ein Ziegelstein am Boden entlangschleichen...

 

Na ja, ich finds lustig, solche Gedankengänge... *lach

 

Rudolf

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  • 1 Jahr später...

Das dicke Ende kommt erst. Die Kamera ist wieder bei mir zur Einstellung von Verschluß und Spiegelschieber und ich mache die Feststellung, daß ich den Verschluß nicht wie bei anderen Kameras grundsätzlich frei innerhalb von 360 Grad einstellen kann, sondern nur binnen enger Grenzen. Der Schiebearm läuft sehr knapp über den Schraubenkopf der Kurbel hinweg, daran gewöhnt man sich als Techniker, doch der Verschluß selbst steht bei der eigentlich besten Einstellung ‒ längstmögliche Belichtungszeit ‒ am Gehäuse an. Roter Pfeil

 

post-79259-0-48075600-1446655588_thumb.jpg

 

Auf dem exzentrisch liegenden Zapfen, der den Greifer bewegt, sitzt auch die Verschlußkurbel und ganz nach unten gehen beide zusammen nicht. Unglaublich!

 

Man könnte das Gehäuse bearbeiten, etwa eine Aussparung fräsen, doch ob sich das lohnt? Der Positionierabstand ist ohnehin vier Löcher zu groß (+7 statt +3, gelber Pfeil zeigt auf Greiferspitze). Man könnte auch keine Kugel einsetzen, wie das die Bach-Auricon hatten, eine sehr wirkungsvolle und genaue Einrichtung, weil es schlicht kein Material gibt an der entscheidenden Stelle. Bei den Auricon-Kameras sitzt der Film mit einem Perforationsloch auf einer gehärteten Stahlkugel ab, welches in Laufrichtung mit beiden Kanten eingemittet wird. Ausgezeichneter Bildstand

 

Ich will niemandem weh tun, habe ein sehr gutes Verhältnis mit dem Eigentümer dieser MR 8, doch möchte ich von den Beaulieu in Zukunft abraten. Vielleicht komme ich bald zu einer Christen Reflex, auch eine französische Doppel-8-Kamera, um diese vorzustellen.

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  • 4 Jahre später...

Die Belichtungszeit bin ich bis heute schuldig geblieben. Der aus der Anleitung ableitbare Winkel bei offenem Verschluß von 123 Grad stimmt nicht. Es ist so:

 

Die Beaulieu Reflex 8 besitzen zwei Verschlußschieber, weil der mit einem, bei späteren Modellen mit zwei Spiegeln besetzte Doppelschieber nicht lichtdicht schließt. Der Doppelschieber überlappt nicht, sondern geht auf stumpfen Anschluß zusammen. Der zweite Schieber verdeckt die Fuge.

 

Aus der Kurbelstangenanlage kämen knapp 100 Winkelgrade für die Belichtung heraus, wenn man das Maximum herauszuholen versuchte. Es ist aber so, daß der untere Teil des Doppelschiebers während der Belichtung von unten her das Bildfenster ein Stück weit verdeckt – etwas völlig Unnötiges. Man müßte daher mit 95 Grad Offenwinkel rechnen, was genau die Hälfte der 190 Grad einer alten Paillard-Bolex H 8 beträgt. Tatsächlich ist es noch weniger, und zwar 92,3 Grad, weil der Ablauf mit den zwei Verschlüssen so festgelegt ist, daß die Belichtung nicht über den oberen Totpunkt erfolgt, sondern in der Abwärtsbewegung. Die Feststellung ist einfach, vom ersten Öffnen bis gerade zum Verschließen des Bildfensters laufen exakt zehn der 39 Zähne der beiden Räder des Greifer-Verschluß-Getriebes ab.

 

Bei 16 B./s beträgt die Belichtungszeit 1/62,4 Sekunde, bei 18 B./s ist sie 1/70,2 Sekunde und bei 24 B./s haben wir 1/93,6 Sekunde. Einfach Tempo Mal 3,9 rechnen

  • Like 1
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vor 8 Minuten schrieb Simon Wyss:

 

Bei 16 B./s beträgt die Belichtungszeit 1/62,4 Sekunde, bei 18 B./s ist sie 1/70,2 Sekunde und bei 24 B./s haben wir 1/93,6 Sekunde. Einfach Tempo Mal 3,9 rechnen

Das ist ja ungewöhnlich kurz.

Gut für scharfe Bilder bei schnellen Bewegungen. Schlecht bei schlechten Lichtverhältnissen.

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Scheint bei den Beaulieu eine Philosophie zu sein, auch die 4008 hat bei 18B/s nur 1/65s (lt. Anleitung) und bei halber Sektorenblende entsprechend nur 1/130s ... , Graufilter ist bei strahlendem Sonnenschein trotzdem zu empfehlen und bei wenig Licht profitiert man von der höheren Empfindlichkeit neueren Materials.

Scharfe Einzelbilder stimmt, aber diese erkauft man sich u.U. mit ruckelnden Bewegungen quer zur optischen Achse. Daher möglichst im spitzen Winkel zu schneller bewegten Objekten filmen. 24B/s verbessert den Bewegungsablauf quer zur Achse deutlich, persönlich achte ich halt auf die Bewegungsrichtungen und -geschwindigkeiten und bleibe in der Regel bei 18B/s.

Die 4008 erzieht auch zu sauberen, langsamen Schwenks... sonst ruckelts. 

Tatsache ist, dass sehr anfängerhafte Aufnahmen mit zahlreichen, schnellen Schwenks und ohne Beachtung von Bewegungsrichtungen etc. mit der Beaulieu noch schlimmer aussehen als sonst schon. Auch 1978 machte eine Kamera zum halben Preis eines Golf 1 noch nicht zwangsläufig einen guten Film.

 

 

Bearbeitet von S8ler (Änderungen anzeigen)
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vor 1 Stunde schrieb S8ler:

Die 4008 erzieht auch zu sauberen, langsamen Schwenks... sonst ruckelts. 

 

Aber bei der Beaulieu 4008 ZM (wie auch bei der MR8) gibt es ja zum Glück den Schwingspiegel. Von Vorteil ist, dass man schon bei der Aufnahme sieht, ob der Schwenk zu schnell ist, denn anders als beim Strahlteilerprisma kommt das Licht mit dem gleichem Flimmern im Auge an, wie auf dem Film, der belichtet wird. Das hat mir schon oft geholfen!

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Am 6.11.2015 um 09:03 schrieb escalefilm:

Mastix gibt es auf einer griechischen Insel nähe der Türkei, in drei Sorten: hell, beige und dunkel. Sieht man im Wikipedia

 

Mit Masticha, Terpentinöl und Ruß habe ich einen Ansatz gemacht, leider zu dünn. Könnte ich noch verdicken, doch die Vorteile der modernen Elastomere sind überwältigend. Ich kann Kunden eine abgedichtete Kamera liefern, an der man sich keine schwarzen Finger oder Filme holt, ich kann sogar von einem Tag auf den nächsten eine drucklose Dichtung anbringen, wie sie gerade bei der Beaulieu MR 8 zwischen Front und Gehäuse erforderlich ist, und danach weiterarbeiten. Das Entfernen der gummiartigen Masse geht viel besser als beim Mastix. Mastix ist sehr gut geeignet bei Holz, wo es in die Poren einsinkt. Deshalb wird es noch heute bei Großformat-Fotokammern verwendet.

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vor 8 Stunden schrieb k.schreier:

Das ist ja ungewöhnlich kurz.

Gut für scharfe Bilder bei schnellen Bewegungen. Schlecht bei schlechten Lichtverhältnissen.

 Für 21 DIN Nennempfindlichkeit beim Ektachrome ist das genau richtig, sonst ist man bei Sonne immer nur mit f16-22 unterwegs...

...

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