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Technicolor. Ein Versuch.


Sam

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Vorweg: Herzliche Einladung zum Mitdiskutieren und Mittesten!

 

Darum geht es: Wiederholt kamen und kommen aus Sammlerkreisen Hinweise, auch Technicolor-Druckkopien würden farblich altern. Nicht etwa, dass sie wie Eastman-Kopien ausbleichen (das berüchtigte Farb-fading); aber sie würden an Deckung verlieren und im Zeitablauf jedenfalls heller werden. Scans von Kopien mit bräunlichem Einschlag sind bereits an anderer Stelle gepostet worden.

 

Wie kann man herausfinden, ob Technicolor-Kopien blasser werden? Genaugenommen nur im Rahmen eines Langzeitvergleichs – auf der Grundlage einer sensitometrischen Analyse. Nur, weder verfügen wir über das erforderliche Analysewerkzeug, noch haben wir Zeit für einen Langzeitvergleich. Vierzig Jahren warten? Oder jedenfalls dreißig? Hmm, schwierig. Zumal, es handelt sich um anorganische Farben, denen eine hohe Stabilität nachgesagt wird.

 

Was man vielleicht immerhin tun könnte, wäre zu schauen, ob Technicolor-Kopien überhaupt auf bestimmte Chemikalien reagieren. Insbesondere solche, die im Verarbeitungsprozess Anwendung fanden – oder bei einer späteren Nachbearbeitung. Eine erste Auswahl von Anregungen:

  • Destilliertes Wasser. Die Druckfarben des Technicolor-Prozesses waren mit Wasser angesetzt. Ein einfacher Test könnte zeigen, ob die Farben einer Kopie migrieren – also auslaufen – oder stabil bleiben. Die Ergebnisse könnte man als (ersten) Hinweis darauf verstehen, ob etwa hohe Luftfeuchte den Farben zusetzt; und im Übrigen als Vergleichsgrundlage für alle weiteren Tests.

  • Eisessig. Reine Essigsäure bildete zu etwa 5 Volumenprozent den Bestandteil der Technicolor-Druckfarben. Und sie entsteht beim Essigsäuresyndrom. So gesehen könnte also die Frage lauten: Frisst das vinegar syndrome die Technicolor-Farben auf?

  • Isopropylalkohol. Wenn schon eine Säure, dann auch gleich ein Alkohol. Alkohol war in den Lacken enthalten, die bei der Schutzbeschichtung zur Anwendung kamen (siehe Meier, Filmhandbuch, 1976). Verändert eine Schutzbeschichtung die Technicolor-Farben?

  • Sauerstoff. Ist ziemlich reaktionsfreudig und sollte deshalb mit in die erste Auswahl kommen. Die Frage ist aber, wie man die Versuche technisch gestaltet – man kann doch nicht ein Filmstück wochenlang an eine Sauerstoffflasche hängen? Wie wäre es stattdessen mit Wasserstoffperoxid (H2O2), das manche Mädels ja bekanntermaßen zum Blondieren nutzen? Man dürfte nur sicherlich nicht die 3%ige Lösung nehmen, die einem in der Apotheke angedreht wird; und auch nicht die 10%ige, die man in manchen italienischen Läden findet. Dentisten beziehen 30%ige Lösungen. Ob ich mal meine Zahnärztin fragen sollte?

  • Kaliumpermanganat. Vielleicht eine Alternative zum Wasserstoffperoxid im vorangehenden Versuch. Ist ja ebenfalls ein starkes Oxidationsmittel. Und wird in der Fotografie als Abschwächer überbelichteter (Schwarz-weiß-)Fotos eingesetzt. Noch häufiger allerdings hat man hierfür Kaliumferrizyanid zusammen mit Natriumthiosulfat („Farmerscher Abschwächer“) eingesetzt. An anderer Stelle wurde berichtet, dass der Einsatz abschwächender Lösungen in deutschen Kopierwerken nicht ungebräuchlich war. Obwohl ich mir das im Rahmen des zeitkritischen und sensiblen Technicolor-Druckprozesses – die Blankfilme mussten nach härtender Entwicklung innerhalb von 24 Stunden weiterverarbeitet („bedruckt“) werden, die Härtung der Gelatine durfte sich nicht mehr verändern – nicht so recht vorstellen kann; der Versuch kann jedenfalls nicht schaden.

  • Kaliumferrizyanid („rotes Blutlaugensalz“). Siehe vorangehend zum „Farmerschen Abschwächer“. Kaliumferrizyanid kam im Druckprozess bei der Matrizenherstellung zum Einsatz. Aus alten Dunkelkammertagen müssten sich bei mir immer noch Reste erhalten haben. Muss mal suchen.

  • Dihydrogenchromat (Chromsäure). Noch ein Oxidationsmittel, das alternativ zum Kaliumferrizyanid bei der Matrizenherstellung verwendet wurde. Wenn überhaupt, müsste die Arbeitshypothese (ebenso wie beim vorangehenden Versuch) darauf hinauslaufen, dass nach unzureichender Auswaschung kleine Anteile von Chromsäure auf die Blankfilme verschleppt wurden. Ob das den Aufwand lohnt? Keine Ahnung übrigens, wo man Chromsäure beziehen kann.

  • Kaliumcarbonat (Pottasche). Eine der an anderer Stelle formulierten Thesen ist: Zieht man eine Technicolor-Druckkopie über eine Schwarz-weiß-Entwicklungsmaschine, hat sie anschließend eine andere optische Anmutung. Schwarz-weiß-Entwicklungsmaschinen funktionieren nach dem Prinzip Entwicklung-Wässerung-Fixierung-Wässerung. Um die Effekte eindeutig trennen zu können, sollte man deshalb zwei Versuche durchführen: einmal, wie verhält sich die Kopie, wenn sie (erneut) einem Entwicklerbad ausgesetzt wird, und wie verhält sie sich in einem (erneuten) Fixierbad. (Wir erinnern uns bei diesem Versuch gemeinsam, dass die Grundlage einer Technicolor-Druckkopie ein ganz normaler Schwarz-weiß-Positivfilm ist, der schon einmal entwickelt und fixiert wurde.) Der originale Technicolor-Entwickler war ein (härtender) Hydrochinon-Entwickler, mit Natriumsulfit und Natriumcarbonat als Hauptbestandteile – und eben Kaliumcarbonat (siehe Cornwell-Clyne, Colour Cinematography, 1951). Für den Versuch wäre es allerdings nicht erforderlich, den alten Technicolor-Entwickler nachzustellen; es dürfte ein handelsübliches neues Produkt ausreichen.

  • Natriumthiosulfat. Bestandteil des Fixierbades; der zweite Teil des vorangehenden Versuchs.

  • Dimethylketon (Aceton). Jetzt kommen wir langsam zum gefährlicheren Teil der Übung. Aceton wurde beim Blankieren von Kopien als Lösungsmittel eingesetzt (siehe Meier, Filmhandbuch, 1976). (Beim Blankieren wurde die Blankseite des Films angelöst, um Schrammen zu entfernen.) Ansonsten – neben großindustriellem Einsatz – als Nagellackentferner gebräuchlich.

  • Methylenchlorid. Noch ein Lösungsmittel, das ebenfalls beim Blankieren zum Einsatz kam (siehe Meier, Filmhandbuch, 1976). War früher auch in Lack-Abbeizern enthalten. Da die Abgabe an Privatpersonen seit 2011 verboten ist, können wir uns diesen Teil des Versuchs schenken.

  • 1,1,1-Trichlorethan. Aliphatischer Chlorkohlenwasserstoff (in Tipp-Ex enthalten). Kam bei der maschinellen Filmreinigung zur Anwendung (siehe Meier, Filmhandbuch, 1976). War auch Bestandteil von Covaral-Filmwachskonservat („covalieren“) zur Schutzbeschichtung von Filmen (anstelle einer Lackbeschichtung).

  • UV. Irgendwie will mir zwar nicht in den Sinn, dass ultraviolettes Licht einen Einfluss auf die Farbstabilität haben könnte (notabene: eine Kopie, die 1.000mal gespielt wurde, stand – Bild für Bild – gerade mal 21 Sekunden im Projektionslicht). Jedoch: dies ist einer der einfachsten Tests, weswegen wir ihn in jedem Falle durchführen sollten. Allerdings – es dürfte schwierig sein, ihn unter kontrollierten Bedingungen auszuführen. Mein Vorschlag wäre, ein Filmstück einen Sommer lang an der Wäscheleine aufzuhängen – wohl wissend, dass sich dann verschiedene Effekte (u.a. saurer Regen!) mischen dürften.

Ich finde, bis zu diesem Punkt war es schon lang genug. Also, erst einmal sind Anregungen zum Testgegenstand willkommen. Mit Fragen der definitiven Auswahl, der Versuchsanordnung und -durchführung geht es zu einem späteren Zeitpunkt weiter.

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