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Ken-Adam-Ausstellung in Berlin


cinerama

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Gestern eröffnete die Ken-Adam-Ausstellung der Stiftung Deutsche Kinemathek, Berlin.

 

Grosser Andrang und illustre Gäste: Ken und Laetitia Adam waren aus London angereist, Staatsekretärin Frau Monika Grütters hielt neben SDK-Direktor Reiner Rother die Laudatio und am Tisch ausserdem 007-Erbin/Prodzentin Barbara Broccoli.

 

In Berlin geboren, emigrierte Adam mit der Machtergreifung der NSDAP - andere Familienangehörige wurden ins KZ verschleppt und umgebracht oder erschossen. Adam wurde zum überzeugten Jagdflieger der Royal Air Force. Aus diesen Erlebnissen rühren die Gimmicks und inzenierten Nahtod-Erfahrungen in den Agenten-Märchen der Saltzman- und Broccoli-Produktionen.

 

Besonders interessant erschienen in der Ausstellung die weniger geläufigen Entwürfe des Production Desigers zu THE TRIALS OF OSCAR WILDE, SODOM AND GOMORRHA, ADAMS FAMILY, partiell THE LAST EMPEROR, IPCRESS, GOODBYE MR. CHIPS, THE FUNERAL, KING GEORGE, SLEUTH u.a.

Zu einigen Film-Titeln schienen Materialien zu fehlen, oder ich übersah diese.

 

Neben den weitläufig bekannten Entwürfen zu 007-Filmen war nicht ersichtlich, wie bedeutsam der Beitrag zu BARRY LYNDON tatsächlich war, zumal dieser eher auf Authentizität achtende Kostümfilm immer mantramässig zitiert wird, vielleicht um Adam vom reinen 007-Architekten zum Kunstphänomen zu überführen?

 

Die Begabung Adams ist enorm in der Anregung spekulativer Kintopp-Phantasien und des technoiden Fetischs unserer westlichen Lebensart. Diese entfalten als Kintopp enorme Reize, ordnen sich aber strikt dem Produzentenwillen (Production Value) unter. Eigenständige Interpretationen gesellschaftlicher Zustände könnten eben so als Anliegen von bildenen Künstlern erhofft werden. So macht es stilistisch keinen Unterschied, ob Adam für DOCTOR STRANGELOVE oder für THUNDERBALL kreierte, da es ihm primär um Unterhaltung und auch Ablenkung von der Wirklichkeit geht.

 

Wenn die Ästhetik extrem stark ist, bleiben als Eigenwert (und jenseits der Filminhalte) stets dynamisierende Linien und steile Perspektiven im Auge haften, die konsequent den Expressionismus der 20er Jahre ("Doctor Caligari" u.a.) aufnehmen und eine Überhöhung anstreben: "bigger than life".

 

So ist das Positive der Ausstellung, Entwürfe Adams anderen Architekturentwürfen (Mies van der Rohe, Erich Mendelsohn) oder stilistischen Vorläufern und Imitatoren gegenüberzustellen, um Zeitgeschichte verständlich zu machen. Ausserdem wird in einem simulativen Arbeitsraum des Production Designers in Art der Holographie mit den Zeitebenen gespielt: Hinter einem Gaze-Schleier läuft ein Videofilm, in dem Adam noch einmal seine Arbeitsweise durch das Nachzeichnen seiner früheren Entwürfe erläutert, während in Art des Umlenkspiegels auf einem zur Decke hin gerichteten Schirm sich im Zeitraffer die Striche anballen, welche den Ideen-Prozess vom Grundgerüst zur Detailversessenheit rekonstruieren.

 

Man hätte sich fernerhin im Filmhaus gewünscht, der Diskussion in eventuellen Folgeveranstaltungen mehr Raum zu geben. Sicher eine Gratwanderung, da das Primärziel der Erwerb von Nachlässen ist. Die Hymnisierung hat somit Vorrang vor einer Auseinandersetzung mit Kunst und Geschichte. Dabei hätte Adam vielleicht gar nichts dagegen gehabt, kritische Rezensionen wiederzuentdecken, die mit der Bond-Serie auch mal hart ins Gericht gingen?

 

20140602174606.jpg_cover.jpg?now=20141211051849

 

Bild: http://www.museumsportal-berlin.de/de/ausstellungen/bigger-than-life-ken-adams-film-design/

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cinerama wrote

Die Hymnisierung hat somit Vorrang vor einer Auseinandersetzung mit Kunst und Geschichte. Dabei hätte Adam vielleicht gar nichts dagegen gehabt, kritische Rezensionen wiederzuentdecken, die mit der Bond-Serie auch mal hart ins Gericht gingen?

 

Die Bonds wurden in den sechziger Jahren und später immer wieder wegen ihrer Gewaltdarstellung und der "Untermenschen-Stereotypen" (Rassismus-Vorwurf usw) angegriffen. Kann mich nicht erinnern, dass ein Kritiker oder FiWi jemals wegen des Produktionsdesign geklagt hat. Ken Adam ist ja nicht Drehbuchautor, Regisseur oder Produzent der Serie.

 

Ken Adams Beitrag zu einem der Meisterwerke des Horrorfilms wird immer wieder vergessen. "Night of the Demon" von Jacques Tourneur, ein visuelles Meisterwerk mit ausgeklügelten Sets. Ich glaube, die Skizze des Dämonen fehlte auch schon in der früheren Ausstellung, im Buch ist sie wohl zu sehen.

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Diese entfalten als Kintopp enorme Reize, ordnen sich aber strikt dem Produzentenwillen (Production Value) unter.

 

Was hat "Produzentenwillen" denn mit "Production Value" zu tun??

 

Production Value = "the technical elements of a production, as the lighting, décor, or sound in a film, often, specif., such elements that are enhanced to increase audience appeal" (nach Webster's New World College Dictionary)

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Na ja - da darf man sich jetzt vielleicht auch nicht ganz hinter Definitionen verkrauchen ... ;-) Einen Hinweis im gemeinten Sinne findet man beispielsweise schon bei dem von der UNESCO herausgegebenen "Glossary of Terms Related to the Archiving of Audiovisual Materials": "In practice, the role of the producer may be much wider and can include artistic involvement." (Eintrag "producer").

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