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Wie funktioniert „analoges Grading“?


Stereominister

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Entschuldigt bitte die blöd formulierte Frage und dilettantische Sprache. Ich verstehe den voll-analogen Workflow nicht vollständig.

 

Der halbanaloge Workflow (ton mal außen vor) heute ist klar:

Film belichten, entwickeln, scannen, digital schneiden, graden (in davinci), exportieren.

 

Voll-analog wäre das:

Film belichten, entwickeln, einlichtkopie ziehen, diese schneiden, dann anhand dessen die negative schneiden, dann vorführkopie ziehen (mit richtigem Licht pro scene).

 

ich würde jetzt mal annehmen, dass das „grading“ im letzten Schritt stattfindet, aber wie? Welche Parameter (äquivalent zum Graden in davinci) können kontrolliert werden und wie?

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Eine traditionelle Kopiermaschine hat dafür Lichtventile für die additive Farbsteuerung. Wurde zu meiner Zeit noch mit Lochstreifen gesteuert, die der Lichtbestimmer gestanzt hatte. Die eigentliche Lichtbestimmung erfolgte i.d.R. an einem Hazeltine-Gerät, wo man die Einstellungen für RGB simulieren konnte.

 

Heute gibt es da andere Möglichkeiten - DaVinci kann afaik die entsprechenden Daten erzeugen.

Am Negativ wurden szenenweise entweder Randkerben oder Schaltfolien angebracht, welche die Kopiermaschine steuerten.

 

Der Kopierer legte ein: das Bild-Negativ, ggF. das Tonnegativ, den Lochstreifen, den Rohfilm - alles richtig "eingestartet".

Und dann viel Spaß in - fast - völliger Dunkelheit.

Warten, bis der Riemen durchgelaufen war...

 

Es gab auch Maschinen, die mit einer Art Filterbändern arbeiteten.

Bearbeitet von Ray Van Clay (Änderungen anzeigen)
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In den Anfängen wurde auf ideales Negativ hingearbeitet.

 

Früh schon sind elektromagnetische Einrichtungen ersonnen worden, ausgelöst durch Kerben im Negativrand, später durch aufgeklebte Metallstreifchen oder -plättchen. Die Lichtfilter wurden an Schwenk- oder Schiebearmen befestigt oder an Filterbänder geklammert oder wie bei Agfa in ein Kettenblendenband eingelegt. Diese schaltete ein Mechanismus jeweils weiter, angetrieben von einem Elektromotor. Lochstreifensteuerung seit den späten 1950er Jahren, elektromagnetische Lichtschleusen (Bell & Howell). Heute werden Leuchtdioden vom Computer nach Programm geschaltet, dieses wird mit einem Schalter im Kopiergerät abgerufen, z. B. eine Lichtschranke am Umlaufverschluß. Ein solches System habe ich 2007 aufgestellt und benutzt, Produktname Memochrome.

 

Bei größeren Produktionen läßt man mit Fortschreiten der Dreharbeiten Sicherungselemente mitwachsen, d. h. vom Original wird, sobald feststeht, was zu verwenden sei, eine Meisterkopie angefertigt (Zwischenpositiv). Das ist oft schon einigermaßen ausgeglichen. Nach Beendigung der Aufnahmen wären ausgeglichene Zwischennegative das Ziel, von denen mit (je) einem Licht Masse gezogen werden kann.

 

Bei sorgfältig gemachtem Film wären Kontaktpositive ab Kameraoriginal das Ziel. Da fällt das Internegativ weg, die Lichter- und Farbenbestimmung erfolgt mit Mustern, die man hinterher entsorgen kann. Das Ganze auf Präzisionsanlagen, die es eigentlich gar nicht (mehr) gibt; grundsätzlich wären Trickanlagen das Richtige dafür, es sei denn, jemand erfände einen schnellen Schrittkontakter, der die Filme schont.

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Ihr verwechselt da alle was.

 

Ihr sprecht gerade vom umsetzen der Lichtbestimmung in die finale Kopienfassung.

 

Aber die Frage ist, wie die Analoge Lichtbestimmung funktioniert. Sprich szene für Szene mit Fiterschablonen am (Muster-) Tisch und demensprechenden Musterkopien in der Projektion. Erfahrene Lichtbestimmer/innen hatten teils schon beim ersten Versuch die richtigen Lichter getroffen.

Das ganze Prozedere könnte man jetzt genauer beschreiben, dauert aber eine gefühlte Ewigkeit. Vielleicht kann das ja der Simon machen, mir fehlt da gerade die Zeit.

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Vielleicht zu weit ausgeholt, aber nicht verwechselt

 

Eigentlich habe ich auch nicht viel Zeit, bin am Teilereinigen ohne Ende, abgesehen vom Reparieren vermurkster Bolex, ich kann hier einfach entspannen.

 

Licht(er)bestimmung ist ein Vergleichen, nichts weiter. Grundlage ist ein projiziertes Bild. Bei gleichbleibenden Bedingungen erzeugt man ein sehr gutes Negativ, ein perfektes gibt es nicht. Von dem Negativ wird eine Belichtungsreihe kopiert, abgestuft nach dem, was die Kopiertechnik hergibt. In der Projektion wird das passende Positiv ausgewählt. Es gibt kein schönstes oder bestes Bild, sondern eines mit genügend Zeichnung in den Schatten oder eines mit Zeichnung in Wolken oder eines mit den gefälligsten Mitteltönen, vorzüglich an Gesichtern. Die Ausleuchtung der Szene spielt dabei eine entscheidende Rolle. Das ist der Punkt, an dem der Amateur nicht genügend Verständnis aufbringt, er will die Natur einfangen und unverfälscht abbilden, was im Kino nur mit strikte eingehaltenen Voraussetzungen möglich ist. Dunkelheit, Albedo der Bildwand, Beleuchtungsstärke der Bildwand (Lichtstrom pro Flächeneinheit), Reflexionswinkel und anderes mehr. Selbst die Projektionsobjektive müßten in die Rechnung miteinbezogen werden. Zu Hause sind die Projektionsbedingungen meist ungenügend.

 

Man verwechsle bitte nicht additive und subtraktive Bilddarstellung! (O)LED-Monitor, Handy-Display, Sucherdisplay von Video-Kameras, Bildröhren, da haben wir additive Farbenmischung und blicken direkt ins Licht. Hinterleuchtete LCD-Schirme zähle ich auch dazu.*

 

Es gibt Ländervorschriften zur Beleuchtungsstärke der Bildwand. Von da ausgehend sind die Eckwerte fürs Positiv ableitbar, das sind die Gesamtdichte und der Kontrast.

 

Dann eben im Kopierwerk der Vergleich mit dem Referenzpositiv, Szene für Szene. *Zu Hazeltine-Zeiten wurden Musterabschnitte mit einem Diaprojektor neben dem Schirmbild des zu beurteilenden Musters dargestellt. Das habe ich immer für totalen Unfug gehalten, weil man ein Bild in Aufprojektion mit einem Röhrenschirmbild vergleicht. Trotzdem haben die Lichtbestimmer das Ganze in den Griff bekommen, weil sie im Grunde nie etwas anderes getan haben, als Musterbilder im Verhältnis zur Handlung einzuschätzen. Sieht man die Augen? Ist da im Hintergrund das Tier zu erkennen? Leuchtet das Tischtuch in der Vorderpartie genügend? Solche Fragen werden beantwortet, wenn Leute von der Produktion mit der Lichtbestimmerin zusammensitzen. Der Rest ist Vergleichen über die Zeit, also von Szene zu Szene. Es wird dabei auch anhand aufgenommener Grau- und Farbentafeln grob eingeschätzt. Später kommt die Feinabstimmung für den Look, den Mood, auf Deutsch den Gesamteindruck.

 

Streng technisch kann mittleres Grau, beim Farbfilm auch tatsächliches Neutralgrau, angestrebt werden. Ein Positiv müßte diejenige fotografische Dichte haben, die bei den geltenden Projektionsbedingungen mittlere Leuchtdichte ergibt zwischen voll beleuchteter Bildwand, ohne Film (oder mit Blankfilm) laufende Projektoren, und Dunkelheit. Luxmeter.

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vor 23 Minuten schrieb Film-Mechaniker:

Zu Hazeltine-Zeiten wurden Musterabschnitte mit einem Diaprojektor neben dem Schirmbild des zu beurteilenden Musters dargestellt.

 

Oder Testkopfdia mit Hautton und einer Graufläche. Die Wand dahinter war neutralgrau gestrichen.

Zumindest bei einem früheren Arbeitgeber war das so.

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Zitat

Wie funktioniert „analoges Grading“?

Puh, bei der Wortschöpfung läuft es mir kalt den Rücken herunter. Die Mitforenten schrieben ja schon, dass das "Lichtbestimmung" hieß. Vielleicht hilft es ja, einfach mal "Farbmischkopf" bei Wikipedia einzugeben. Hier wird sicherlich niemand sein, der früher im Heimlabor Farbbilder auf Papier vergrößert hat. Eine beliebte Prüfungsaufgabe für Fotolaboranten war das Vergrößern von Negativen mit Babyfotos oder Hochzeitsbildern. Das war im Prinzip "try and error" und für ein vernünftiges Bild brauchte es schon mal bis zu 6 Anläufe. Erst mit Einführung elektronischer bzw. digitaler Hilfsmittel wurde die Lichtbestimmung bei Farbfilmen und Bildern etwas ressourcenschonender, bzw. vorhersehbarer. Im Prinzip geht es dabei immer um die Bemessung der Anteile roten, grünen und blauen Lichts und dessen Stärke, die dann durch das Negativ geschickt werden. Ob dann ein Positivfilm oder ein Scannersensor als lichtempfindlicher Empfänger dient ist zweitrangig. Nur das man den Film eben noch entwickeln muss. Das Verfahren ist auf korrekte Belichtung angewiesen. Einiges, was digital selbstverständlich ist, geht analog nicht. Z.B. nachträgliches Erhöhen des Kontrastes bei stark unter- oder überbelichteten Materials. Auch stauchen der Spitzlichter oder sekundäre Farbkorrektur, u.ä., geht nicht, oder nur sehr umständlich.

 

Bei Atlantik wurde die Lichtbestimmung elektronisch gemacht. Eine Kamera tastet das Negativ ab, es wird elektronisch invertiert und das Bild auf einem kalibrierten Klasse-1 Videomonitor dargestellt. Die Lichter wurden dann für jede Szene von Hand eingestellt. Auch die Szenenwechsel wurden per Hand einprogrammiert. Die Software dazu lief auf einem MS-DOS Rechner. Die Lichtbestimmungsdaten wurden auf eine Diskette geschrieben und im Kopierwerk archiviert. An einem anderen Arbeitsplatz wurde die Diskette eingelesen und davon der Lochstreifen für die Kopiermaschine gestanzt. Der Lochstreifen wird dann mit dem Negativ dem Kunden mitgegeben. Bei ANDEC erfolgt die Lichtbestimmung genauso. Falls sich jemand dafür brennend interessiert, kann sich gerne an Herrn Draser wenden.

 

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Geht denn der Begriff "Grading" nicht viel weiter als die klassische analoge Lichtbestimmung ?

Unter Grading versteht man doch auch das Erzeugen eines ganz bestimmten "Looks"... also  entweder z.b. besonders poppige oder pastellige Farben.

Dafür war beim chemischen Film doch auch schon das Filmmaterial entscheidend, auf dem gedreht wurde. Nur mit der Lichtbestimmung im Kopierwerk war es da doch nicht mehr getan.

 

Was mich in diesem Zusammenhang mal interessieren würde:

Wie wurden solche Solarisationen gemacht, wie man sie hier gleich am Anfang sieht:

https://www.youtube.com/watch?v=pwDo0JUeKqM

Ich kenne so etwas nur als Experiment in der Dunkelkammer mit mehr oder weniger zufälligem Ergebnis.

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vor 41 Minuten schrieb Gizmo:

Puh, bei der Wortschöpfung läuft es mir kalt den Rücken herunter.

Daher in Anführungszeichen und mit vorauseilender Entschuldigung! Mittlerweile weiß ich auch, dass man im Englischen hier nicht von „Color grading“ sondern von „Color timing“ spricht...

 

Vielen Dank @Film-Mechaniker, @Ray Van Clayund @Gizmo für die detaillierten Erklärungen! Jetzt kann ich mir mehr darunter vorstellen. Wenn man bestimmte Konfigurationen direkt aus davinci resolve in den Printer auslesen kann, wäre dies ja sogar tauglich für das 21 Jahrhundert!

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vor 5 Stunden schrieb Gizmo:

Hier wird sicherlich niemand sein, der früher im Heimlabor Farbbilder auf Papier vergrößert hat

Och, ich weiß mindestens zwei hier, die das immer noch tun. 🙂

Bestellt man ein szenenkorrigierte Wetgatekopie bei Andec (sehr zu empfehlen) bekommt man den Lochstreifen für die Kopiermaschine mitgeliefert. So wird späteres Nachbestellen preiswerter und konsistenter. 
 

In einer Schmalfilmausgabe aus Jürgens Zeiten wurde Andecs Technik dafür mal ausgiebig vorgestellt. Ich erinnere vage einen modifizierten FEM Kunze Analyzer und irgendwas von Robotron... vielleicht der Streifenleser?

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