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Bremen wird bunt - Linsenrasterfilme neu entdeckt


Lichtspieler

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"Bremen wird bunt", so heißt eine neue Dokumentation, die demnächst in die, zumindest Bremer Kinos kommen soll.

 

Ein Schmankerl für alle Zelluloidfreunde, Technikinteressierte und Schatzgräber, auch wenn sie nicht in Bremen leben. Denn diese Dokumentation möchte mit alten Farbfilmen überraschen, für Bilder, die man in Farbe gar nicht erwartet.

 

Zurück bis ins Jahr 1931 sollen die Aufnahmen reichen, noch vor dem Nationalsozialismus, noch vor dem Farbschichtenfilm. Für diese ganz alten Beispiele werden stattdessen Linsenrasterfilme gezeigt, die vermutlich seit 6-8 Jahrzehnten niemand mehr gesehen hat.

 

Die Regional-Fernsehsendung buten un binnen hat eine ganze Ausgabe diesen verborgenen Schätzen gewidmet, und wie sie wieder ans Tageslicht gekommen sind. Dabei waren auch Beispiele dieser Farbrasterfilme in sehr guter Qualität zu sehen.

 

Das Landesfilmarchiv von Bremen, ein Zwei-Mann-Betrieb, hat solche Filme gesammelt, archiviert, und abtasten lassen. Ein großer Teil der Filme kommt aus privaten Schränken, wobei das Archiv den Bürgern das Geschäft anbietet, Überlassung gegen Digitalisierung.

 

Natürlich sind so auch Farbaufnahmen auf anderen technischen Grundlage ins Archiv gelangt, aber die Linsenrasterfilme sind schon etwas ganz besonderes. Es musste erst einmal eine eigene Abtasttechnik entwickelt werden, Ich vermute wegen sonst drohender Interferenzen mit der mikroskopisch feinen Struktur farbiger Filterstreifen, die einem Schwarz-Film überlagert sind. Den ganz großen Durchbruch hatte diese Technik nie, der letzte Versuch war vermutlich Polavision, das in den 70er Jahren dem "Sofortfilm" damit zum Erfolg verhelfen sollte.

 

In der Sendung stellte sich auch das Archiv vor, und eine Tochter der Bremer Photohaus Familie Günther. Der Archivleiter Daniel Tiltner bedauerte, daß so mancher Filmschatz beim Aufräumen und Erbfall im Müll landete, wo er doch im Archiv besser aufgehoben wäre. Neben solchen privaten Filmaufnahmen befinden sich aber auch alte Werbefilme im Archiv, die zum Beispiel einst Investoren nach Bremen locken sollten. Herr Tiltner sprach auch über das private Umfeld solcher Filmaufnahmen, und wie das Archiv dabei mit der Frage der Privatsphäre umgeht. Auch die Frage, wie "wirklich" solche Farbfilme eigentlich sind wurde angesprochen, da Farbfilmen zwangsläufig nur etwas für begüterte Haushalte war, und daher die Sichtweise anderer Bevölkerungsgruppen kaum wiederspiegeln konnte und kann.

 

Seit einigen Jahren finden private Filmaufnahmen als Zeitzeugen für Städte, Moden oder Alltag zunehmend Beachtung in Dokumentationen. Auch Archive aller Art sind zunehmend daran interessiert. In Amerika ist ein bestimmter privater Urlaubsfilm aus den 50er Jahren vom Staat als schützenswertes Artefakt eingestuft worden. Sind die Filme farbig, rücken vergangene Zeiten emotional auch gleich noch mal viel näher. Eine gezeigte Szenerie damit nachzuempfinden, gerade wenn sie aus der Vorkriegszeit stammt, ist so viel leichter.

   

Die Internetseite von buten un binnen zeigt einen kurzen Beitrag aus der Sendung, der auch Linsenrasteraufnahmen enthält:

 

https://www.butenunbinnen.de/videos/landesfilmarchiv-bunt-farbe-100.html

 

Einige Forenteilnehmer werden uns sicher noch sagen können, welches Linsenrastermaterial man 1931 in Bremen vermutlich kaufen konnte, und wie man damit filmerisch umgeht.

 

Viel Vergnügen.

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vor 21 Stunden schrieb Lichtspieler:

Einige Forenteilnehmer werden uns sicher noch sagen können, welches Linsenrastermaterial man 1931 in Bremen vermutlich kaufen konnte, und wie man damit filmerisch umgeht.

1931 gab es Kodacolor. Er kam 1928 auf den Markt und war ein reines Amateurformat. Agfacolor Linsenrasterfilm gab es ab 1932. Schwierigkeit dieser Verfahren ist, dass der Film selbst reiner SW-Film ist. Farbig wird der Film erst, wenn er unter Einhaltung der richtigen Geometrie durch einen speziellen Farbfilter projeziert wird.

 

Siehe:

 

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vor 14 Stunden schrieb Jürgen Lossau:

Sollte laut Radio Bremen schon im Herbst 2022 fertiggestellt werden, scheint aber nicht der Fall zu sein bisher...

 

Ja, das stimmt. Noch so ein Detail aus der gesamten Sendung, das in dem kurzen Ausschnitt auf der Internetseite eben nicht enthalten ist.

 

Archivleiter Tiltner deutete an, daß es Schwierigkeiten gegeben habe, und Corona dazwischenkam... wirklich eindeutig ist er aber nicht geworden. Der Film wurde von Herbst 2022 auf Frühling 2023 verschoben.

 

Dann wurde auch noch erwähnt, die Farbe der Linsenrasterfilme wurde in der Schweiz wiederhergestellt. Da könnt' ich mir vorstellen dies geschah im Arbeitsumfeld von Barbara Flueckiger an der Universität Zürich, die sich ihrer oben erwähnten Internetseite nach extrem detailiert auf Farbfilm und seine Geschichte spezialisiert hat.

 

Übrigens genug Lesestoff für viele Monate Pandemie... 😄

Bearbeitet von Lichtspieler
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Der Titel ist da ein wenig unglücklich gewählt. "Wird bunt" passt gar nicht, es war ja schon immer farbig. "Bremen in Farbe" wäre da sowohl inhaltlich sowie technisch besser gewesen.

Mit dem jetzigen Titel klingt es für Außenstehende eher nach einer Veranstaltung gegen Fremdenhass (was ja nicht verkehrt ist aber hier ggf. Für Verwirrungen sorgen könnte) 

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Am 2.1.2023 um 22:16 schrieb Lichtspieler:

Natürlich sind so auch Farbaufnahmen auf anderen technischen Grundlage ins Archiv gelangt, aber die Linsenrasterfilme sind schon etwas ganz besonderes. Es musste erst einmal eine eigene Abtasttechnik entwickelt werden, Ich vermute wegen sonst drohender Interferenzen mit der mikroskopisch feinen Struktur farbiger Filterstreifen, die einem Schwarz-Film überlagert sind. Den ganz großen Durchbruch hatte diese Technik nie, der letzte Versuch war vermutlich Polavision, das in den 70er Jahren dem "Sofortfilm" damit zum Erfolg verhelfen sollte.

 

Streng genommen habe ich in meinem Startbeitrag wohl zwei paar Schuhe vermischt. Das möchte ich klären.

 

Nach nochmaliger Recherche erkenne ich zwei unterschiedliche Ansätze, um einem Schwarz-Weiß Film Farbe zu entlocken:

 

1. Linsenrasterfilm, bei dem ein einer Grundfarbe zugeordneter Helligkeitswert per ins Filmmaterial eingeprägter Linse durch den zugehörigen Farbfilter projiziert wird. Der Farbfilter ist aber NICHT Teil des Filmmateriales.

 

2. Filterrasterfilm (Oder wie nennt man die ?), bei dem es keine Linsen gibt, da die Farbfilter bereits TEIL des Filmmateriales selbst sind. Das Filterraster hat je nach System ein unterschiedliches Aussehen, wie Parallellinien, oder verschiedene Karomuster.

 

Polavision ist der 2. Möglichkeit zuzuordnen. Ich glaube (?) dabei bestand das Filterraster aus parallelen Linien.

 

Dieses 2. System ist einfacher zu begreifen, aber möglicherweise schwieriger in der Herstellung. Ansatzweise habe ich dazu gelesen, die Farbfilter wurden zuerst in größerer Dimension aufgebracht (gedruckt ?), und dann durch Ziehung des Materiales maßstabsgleich auf den gewünschten Wert verschmälert. Bei Systemen mit karoförmiger Anordnung der Farbfilter dürfte das nochmals komplizierter gewesen sein.

 

Das 1. System dürfte sich mit einem einmal gefertigten Preßstempel für die mikroskopisch kleinen konkaven Ausbuchtungen begnügen.

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Am 4.1.2023 um 02:09 schrieb Lichtspieler:

Dann wurde auch noch erwähnt, die Farbe der Linsenrasterfilme wurde in der Schweiz wiederhergestellt. Da könnt' ich mir vorstellen dies geschah im Arbeitsumfeld von Barbara Flueckiger an der Universität Zürich, die sich ihrer oben erwähnten Internetseite nach extrem detailiert auf Farbfilm und seine Geschichte spezialisiert hat.

 

Recht hast Du!

 

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  • 1 Monat später...

Linsenrasterfilme waren praktisch nur im 16mm Bereich in den 1930iger Jahren vertreten.

Egal ob es Agfacolor alt, sein Kodakpendant oder Dyfycolor (Rechtschreibung des Namens !?!) handelte.

Das Kernproblem war die fehlende Kopierfähigkeit für den kommerziellen Einsatz. Hier versuchte Siemens mit dem Siemens-Berthon-Verfahren eine 35mm Tauglichkeit. Scheiterte aber letztendlich. "Geblieben" ist nur der inzwischen verschollene Versuchsfilm "Das Schönheitsfleckchen).

Mit dem Erfolg des Mehrschichtenfarbfilms und seiner einfacheren Kopiermöglichkeit war dann der Linsenrasterfilm schlagartig am Ende.

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