"Pappa, wir haben schon lange keinen Projektorfilm mehr geschaut!"
- "Ja, aber weißt Du was? Morgen gehen wir auf das Erntedankfest, da nehme ich die Kamera mit und dann machen wir einen Film für den Projektor. Und dann siehst Du auch Dich in dem Film"
Die Begeisterung war groß. Die Vorfreude auch.
"Morgen" ist heute.
Gestern noch die Kamera vorbereitet, heute morgen ein schönes Titelblatt abgefilmt. "Erntedankfest Langlingen".
Draußen eine geschlossene Wolkendecke, aber hell. Blende 16! Das Schneiderobjektiv an seiner Grenze.
Ich filme für ein paar Sekunden das Ortseingangsschild unseres Dorfes.
Nächste Szene: Klein-Sophie läuft die Straße entlang, anschließend über unseren Zuweg, nimmt drei Treppenstufen und klingelt an. Die Mama öffnet.
Nächstes Bild: aus einer anderer Perspektive sich öffnende Türe. Mama macht auf, beide strahlen in die Kamera.
Nächstes Bild: Der perlweiße Volkswagen steht vor der Tür, beide kommen mit Rucksack aus dem Haus und steigen ein.
Ortswechsel, Langlingen. Blende 11.
Es ist angerichtet. Hanomag, Deutz, Porsche. Dampflokomobil läuft und treibt die größte Dreschmaschine an. Ein echter Pferdegöpel treibt die mittlere an. Mehrere kleine, mit kleinen Deutz Stationärmotoren betrieben, ganz kleine von Hand.
Die Landfrauen haben Deftiges vorbereitet, andere kochen gerade Zuckerrübensirup. Das Kuchenbuffet ist eröffnet, überall Familien, Kinder, Ältere. Alte Handwerksberufe werden vorgeführt. Kutschenfahrten, Traktorfahrten.
Ein ideales Movimento für den bewegten Film.
Das erste Bild zeigt Sophie, die von Hand Körner in einen kleinen Mühlstein füllt und ihn dreht. Das Mehl rieselt aus einem angedeuteten Mund, eine schöne Steinmetzarbeit.
Etwas bereitet mir plötzlich Kopfzerbrechen.
Mein erster Film in der mir unbekannten Kamera. 1,25 Meter Vorspann. Wirklich? Was bedeutet denn 7,5 Meter? Brutto oder Netto? Mit oder ohne Vorspann? Wann muss ich denn aufhören, um den Film zu drehen? Davon steht nichts in der Anleitung.
Das Zählwerk steht nun auf 6,5. Oh, ich muss doch wechseln? Oder wie oder was? Lieber zu früh, als zu spät.
Also, Deckel drauf und Film leerlaufen gelassen. Das Ende ist deutlich zu hören. Rückzugsort ist eine ganz dunkle Räumlichkeit. Kamera geöffnet. Bandsalat. Alles kaputt. Die ganze Vorfreude. Auch das porträtierte Lächeln von Sophie.
Ich bin stocksauer!
Auf der ersten Seite dieses Themas beschreibe ich noch, dass ich die Kamera zuerst zu Simon geben will. Doch nach eineinhalb Jahren (schon zwei Mal auf dem Weg nach Südfrankreich an ihm vorbei gefahren, beim ersten Mal die Kamera vergessen mitzunehmen) doch gedacht, nein, erst probieren ob sich das lohnt. Denn wenn diese Art der Filmerei nichts für mich ist, dann brauche ich nicht investieren.
Ich muss sagen, mit der Bedienung bin ich besser zurecht gekommen, als zunächst befürchtet. Es hat Spaß gemacht. Aber so...
Erst bin ich von einer Fehlbedienung ausgegeangen.
Als nächstes die Aufwickelspule im Verdacht, da nicht rundes sondern Vierkantloch.
Zu Hause dann den Film wieder aufgewickelt und eingelegt, um die Kamera zu testen und auch die Leerspule wiederzugewinnen.
Die Welle der Aufwickelspule dreht sich, aber ungleichmäßig und langsamer, als der Film gefördert wird. Komischerweise aber nur, wenn die Spule draufsteckt. Ohne Spule dreht sie sich normal. Es ist nichts zu erkennen, was die Spule bremst, sie liegt nirgends an. Und auch der Film wird ja mehr gefördert, als er aufgewickelt wird. Ich frage mich gerade, wie diese Wellen überhaupt angetrieben werden.
Also nun doch ein Fall für Simon. Aber erst Anfang nächsten Jahres.