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Digitale Projektionstechnik


Sam

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"Kino aus dem Computer" hat der heutige Tagesspiegel einen respektabel langen, mehr als halbseitigen Artikel überschrieben, in dem er sich mit der Umstellung auf Digitaltechnik als Standard befasst - und vorsichtig auszuloten versucht, was das für die kleinen, die Kiez- und die Arthouse-Theater in Berlin bedeuten könnte. Mehr hier:

 

http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/k...82816.html

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Nicht uninteressant, aber auch nicht überraschend kommende Zitatensammlung aus der berliner Kinoszene. Danke!

 

Was mir bei weitem zu kurz kommt an den Statements einer Reihe wirklich erfahrener und auch äussert branchenkundiger Betroffenen: unisono wird nur über ein Problem der Kosten geklagt.

 

In keiner Weise hat man es aber nötig, auch die Chancen und Risiken der Broadcast-Übertragung mit heute höchstem technischen Niveau Fallbeispiele durchzuexerzieren. Allen Aussagen ist ebenso der positive Umkehrschluss zueigen, etwa, dass "geschenkte" Digitalanlagen jederzeit willkommen wären: selbst der verdienten Zehlendorfer Betreiberin würde ich diesen Sinneswandel (Innovationslust, Marktanpassung oder einfach nur ein Irrtum?) nicht in Abrede stellen.

 

Wesentlich ist aber nicht das Auswechseln zu teurer oder dann eben erschwinglicher Bildwerfer, sondern allein ausschlaggebend für diesen Roll-out sind die Folgen der weltweiten Digitalisierung, die, seit etwa 20 Jahren auf Erfolgskurs, nach Einschluss der Theaterbetriebe, dieselben auch in die Marketing-, Verwertungs-, Produktions-, Kontroll- und Wahrnehmungstypologien der fortgeschrittenen "Kommunikationsmittel" einreiht ("unterwirft" oder "gleichschaltet", könnte man provokant hinzufügen).

 

Andere Filme und flexiblere Orte des Filmsehens (eher umzutaufen als "movie working systems" nach Horwarth) werden entstehen und lassen die Branche ortsfester Filmtheater, die sich dieser Ausrichtung inhaltlich und technologisch assimiliert, als nicht mehr "wirtschaftlich" erscheinen . In diesem, neu ausgerichteten Produktionsumfeld fehlt ihr erst einmal der arteigene "Content" (ein technologisches Format, das anderen Freizeitanbietern aufzubauen nicht möglich ist), und auch in genretypischer Hinsicht (d.h. in Form genuin für die Kinobildwand produzierter Filme wie auch kinospezifischer, nicht austauschbarer Projektionsformate), verliert die Kinobranche die Alleinstellungsmerkmale im Wettbewerb zu anderen Kulturereignissen und digitalen Freizeitaktivitäten vollends, da sie als Nebengleis ubiquitären HD-Contents fungiert. Vermutlich mutiert sie zur Abart der häuslichen Computer-Kommunikation, könnte man annehmen, die in allen relevanten digitalen Belangen aber weitaus flexibler, freier, eigenständiger und bequemer ist.

 

Um Kinos zu retten, ist nicht, wie die marktfromme Staatssekretärin fantasiert, der Anschluss an andere HD-Digital-Distributionsformen unaerässlich, sondern eine Neuerfindung des Kinos. Technologisch, sozial und architektonisch konnotiert. Garniert mit Attributen, die den verloren gegangenen technologischen Vorsprung zu ersetzen hätten. Förderung der vorhandenen Abspielkultur und deren Verfeinerung.

Eine solche Erneuerung zum Erhalt ortsfester Filmtheater aber kann man sich angesichts der eingeschlagenen Richtung und Zwänge der Marktwirtschaft absolut nicht vorstellen.

Das heisst: der Wille der Politik, Kinos durch Umrüstungszuschüsse zur HD-Empfangsstube wieder "wettbewerbsfähig" zu machen, könnte durchaus zur Beseitigung der Wettbewerbsfähigkeit mit heimischem HDTV und Aufweichung attraktiver und leinwandtauglicher Filmprogramme und Kinobetriebe führen. Das Gegenteil dessen, was beabsichtigt war, hat man damit heraufbeschworen. Diese These bestärke ich aus der Überzeugung heraus, das ein "Kompromiss" oder eine Verschmelzung zwischen heimischer Medienkonsumption und der theaterbasierten Filmkonsumption ein Paradoxon ist und immer bleiben wird. Einfacher ausgedrückt: Entweder obsiegt die Billignummer "Fernsehen" mit wechselnden Contents oder die Entscheidung des Filminteressenten für den ortsfesten "Kinobetrieb" mit langfristiger, indentitätsbildender Herausbildung von Kinoklassikern - die sich primär auch wieder im Kino entfalten dürfen.

 

Begründung: in den 1950er Jahren opponierten die Studios gegen das Fernsehen: "kein Meter Film fürs Fernsehen" (sozusagen "unendlich" zu denkende Kinofenster) und exponierte Produktionstechnologien mit wachsenden Etats der A-Produktionen waren die Motti hierfür.

2010 verlaufen die Tendenzen auf fast allen Gebieten in die konträre Richtung.

Und damit sollte doch allen (selbst jenen, die die vorangegangenen Ausführungen ablehnen) ein Licht aufgehen, dass ein Austausch der Bildwerfer weitreichendere Konsequenzen hat als derzeit vorstellbar.

 

- -

 

Die Digitalisierung kam kaum aus den Reihen der Filmemacher (zumindest nicht denen der A-Produktionen oder deren Kameraleute, von George Lucas und - auf der anderen Seite des künstlerischen Spektrums - Peter Greenaway abgesehen), sondern aus der Broadcast-Industrie (SONY & Co, DLP, DVD- und Home Cinema-Sound-Systeme und Verfahren), die ihre Fernsehkameras, Beamer und 5.3.1-Systeme usf. plötzlich für den Kinomarkt salonfähig machen wollten. Der Kinomarkt also ein "Umschlagplatz" für Fernsehprodukte, sozusagen ein "Fenster" für die Home-Cinema-Industrie. Und sie kam aus den Reihen der Postproduktion, die durch kreativere "Nachbearbeitungsmöglichkeiten" das 35mm- und 65mm-Filmoriginal nicht mehr als Eigenwert, sondern als "Futter" für Post-Dreh-Arbeiten am Computer betrachteten. Wobei der Werkcharakter eines "on location" geplanten und stattfindenden Filmdrehs im traditionellen Sinne zugunsten eines "Zweitdrehs" im Postproduktionsstudio verschoben wurde (was im Für und Wider hier nicht ausdiskutiert werden kann).

 

Keinen der oben genannten "Marktneuerer" aber würde ich als verbürgten Verteidiger und Schutzpatron der Filmtheater einschätzen wollen.

 

Das war zu Zeiten der (sicherlich kritisierbaren) alten Hollywood-Mogule noch umgekehrt gerichtet, aber auch in der Ära der grossen Autorenfilm-Schöpfungen seit der russischen Avantgarde über den Neorealismus bis hin zur Nouvelle Vague: sie produzierten für's Kino.

 

Gleich kommt wieder die übliche Hackerei, bei der dann auch die Wortwahl deutlich entgleisen dürfte...

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