Auf jeden Fall nicht die Angst, die andere schon befallen hat
Zunächst brauchst du einen Arbeitsplatz, auf den kein Haustier springt, an den kein Staubsauger kommt und wo du gutes Licht hast.
Dann eine weiche Unterlage, z. B. ein Stück Wildleder oder weicher Gummi. Von Textilien möchte ich abraten wegen der Fusseln.
Weiter genau passende Schraubendreher, Gummi-Fingerlinge und das Werkzeug, dessen Bezeichnung ich noch nicht kenne. Es besitzt zwei Klingen und wird in die Nuten von Rundmuttern bzw. Gewinderingen gesetzt. Zur Absicherung des Glases steckt man einen Gummistopfen zwischen die Klingen, die natürlich die Linse nicht berühren dürfen. Meistens bekommt man die Ringe mit dem hohlen Gummi allein los. Er sollte das Glas nicht berühren.
Verkittete Linsen kann man mit zwei Mitteln trennen, Wärme und Lösungsmittel. Auch wenn Mitglieder jetzt aufschreien beim Lesen, das Verkitten ist keine unerreichbare Kunst. Mit einem Normalobjektiv 1:1,4 bei offener Blende auf 3 Meter Distanz ein Gesicht scharf aufnehmen ist heikler.
Wenn sich ein Linsenpaar nicht trennen läßt, ist es mit synthetischem Klebstoff verbunden. Das bringt man nur schwer auseinander. Man müßte auf 200 Grad erwärmen. Bevor du ein Kittglied trennst, reinigst du die Außenflächen und untersuchst, ob der Kitt tatsächlich befallen ist. Linsen reinigt man immer erst spülend mit Flüssigkeit, damit eventuelle Körnchen, mineralisch oder metallisch, nicht kratzen können. Erst wenn du die Gewißheit hast, daß nur noch weiche Fusseln auf einer Linse sind, darfst du mit Linsenputzpapier aufreiben. Pinsel sind gefährlich, sie können kratzende Teilchen festhalten.
Pilzsporen und Bakterien sind überall. Wir sind selber übersät mit Einzellern und Sporen, die unser Immunsystem in Schach hält. Es gibt in Objektiven mit stärkerem Luftaustausch, Zoom- und Teleobjektive, auch Pilz- und Pflanzensporen. Sie sind winzig. Stimmt eines Tages das Klima, Temperatur und Luftfeuchte, dann beginnen sie zu wachsen und fressen dabei organisches Material auf. Die austreibenden Fäden können Vergütungsschichten beschädigen.
Zur gründlichen Zerstörung der Pilzeiweiße sind alkalische Lösungen geeignet, z. B. 5%iges Sodawasser. Stärker ist Wasserstoffsuperoxidlösung. Als Lösemittel eignen sich Schwefeläther, Isopropanol, Aceton, Ethylmethylketon. Naphtalin ist sehr gut, Feuerzeugflüssigkeit. Kein Organismus überlebt Ätzkalium (KOH), doch das kann weiche Vergütung angreifen. Die ist bläulich schimmerndes Kalciumfluorid, das oft noch auf inneren Oberflächen aufgebracht ist. Die Objektivfassung selbstverständlich auch reinigen
Ob man zwei verkittete Linsen nach der Trennung wieder mit zusammenfallenden optischen Achsen hat, hängt davon ab, wie ihre Ränder zueinander stehen. Um das zu untersuchen, legt man dem ungetrennten Paar ein Haarlineal auf und sucht den Umfang nach Abweichung ab. Wenn beide Linsenränder ringsum sauber fluchten, kannst du hernach mit einer Dreipunkthalterung wieder Koinzidenz herstellen. Andernfalls braucht man ein Prüfglas zur Interferenzprüfung. Nach meiner Kenntnis hat man bei Angénieux die Kittglieder immer nach dem Verkitten gemeinsam umschliffen. Man muß also nur noch die Dicke der Kittschicht treffen.
Diese stellt man mit Versuchen durch die Größe des Tropfens Kittflüssigkeit ein. Je dünner du die Schicht hinbekommst, umso besser.
Während der Arbeit gereinigte Teile mit einer Glasglocke abdecken. Vaters Weingläser eignen sich gut. ^_^
Wer weiß, ob Südosthessen nicht einen begabten Objektivetechniker bekommt?