Zum 15ten mal begann das Todd-AO 70 mm Filmfestival mit einem Warm-Up von
"Hello Dolly" in einer 4 K Digitalprojektion am Donnerstag um 20.00 Uhr.
Ich war nicht dabei, die Teilnehmer berichteten von einer sehr farbenprächtigen und scharfen
Präsentation des Musicals mit Barbara Streisand, Walter Matthau und als Spezialgast
Louis Armstrong. Originalaufnahme war Todd AO 70 im Jahr 1969.
Der Eröffnungsfilm am Freitag um 13.00 Uhr dann "Cobra Verde" in einer sehr guten
Blow Up Kopie von 35 mm 1:1,85 Format, daher mit abgeschnittener Höhe, die in einigen
Einstellungen sichtbar wurden. Obwohl der Film 1987 kopiert wurde, war noch kein
Farbfading eingetreten. Der 6-Kanal Doby A Ton sehr effektvoll gemischt mit der Musik von
Popul Vuh und zusätzlichen afrikanischen Themen und Gesang. Klaus Kinski spielte einen
Sklavenhändler in Afrika und Werner Herzog konnte viele nackte Brüste von jungen
Mädchen einfangen. Besonders Erfolgreich war das Werk in der Erstauffühung nicht, daher
hatte die Kopie auch keine Schäden erlitten.
Um 15.00 Uhr die erste Kaffeepause im Foyer. Leider war das Wochenendwetter nicht so gut
wie in den letzten Jahre, daher konnte man selten draussen im Hof verweilen.
Mit "Airport" gab es um 16.00 Uhr ein Wiedersehen mit Oscargewinnerin Helen Hayes und
einer gefadeten, aber mechanisch guterhaltenen 70 mm Kopie, mit 5 x Mono Ton in den
Frontkanälen. Ich nehme an, dass es damals keine deutsche Stereotonmischung gab. In
Stuttgart wurde der Film in der Erstaufführung nur in 35 mm Lichtton Mono gespielt.
Ähnliches haben wir ja auch mit "The Wild Bunch" und anderen Titel erfahren müssen.
Trotzdem kam der Film auch bei den jüngeren Zuschauern gut an.
In der Pause zum nächsten Event wurde wieder das traditionelle Festival Dinner im Foyer
aufgebaut. Der Andrang war groß, da dieses Jahr zum ersten Mal mehr Weekendpass Besitzer
dabei waren.
Der Höhepunkt am Abend um 19.30 Uhr "My Fair Lady" in einer gefadeten, aber sonst
sehr gut erhaltenen Erstaufführungskopie mit 6-Kanal Magnetton. Vorgeführt mit Pause
und Entr'acte Musik. Bei der Dialogmischung bemerkte man einen starken Höhenabfall im
linken Tonkanal der aber von der Kopie kommen musste. Die Musik aber war schön diskret
über die restlichen Frontlautsprecher zu hören.
So gegen 22.45 Uhr ein Get-Together mit Hoepfner Bier vom Fass und Erfahrungsaustausch
unter den 70 mm Fans.
Der Samstag bot ab 10.00 Uhr zuerst das Frühtück im oberen Foyer.
Um 11.00 Uhr startete "Cry Freedom" in der Englischen Originalfassung mit Deutschen
Untertitel und einer sehr gut erhaltenen 70 mm Blow-Up Kopie mit effektvoller 6-Kanal-
Dolby A Tonmischung. Mit einer Laufzeit von 158 Minuten kam keine Langweile auf, zumal
das letzte Drittel der Handlung die Flucht von einem Journalisten und seiner Familie ins
Ausland zeigte.
Nach Kaffee und Kuchenpause stand David Leans "Ryans Tochter" in einer Erstaufführungs-
kopie auf dem Programm. Leider schon gefaded, ohne Blauanteile im Bild und auch zeitweise
einzelne fehlende Frames wegen Klebestellen war jedoch der Bildeindruck von
Super Panavision 70 immer noch gewaltig schön. Das Bergen von Waffen und Muniton am
Strand, während eines gewaltigen Sturms, war der Höhepünkt nach der Erfrischungspause.
Die Einführung zu diesem Film und zu "My Fair Lady" kamen von Udo Heimansberg, die
anderen von Wolfram Hannemann, wie immer mit Produktionsdetails oder selbst gemachten
Erfahrungen bei der Erstauffühung.
Dann war es schon wieder Zeit für das Abendessen. Wie immer toll zugerichtet vom
Schauburg Kochteam.
Der Überraschungsfilm in einer sogenannten Sneak Preview war dann "Joker" einer
brandneuen 70 mm Kopie mit Arri Digitalkamera aufgenommen und in 4 k Master Format
bearbeitet und dann ausbelichtet. Der 6-Kanal Datasat Sound war sehr laut, jedoch besser
als die Trailershow davor in Digital, die total übersteuert war.
Die Kameraarbeit von Lawrence Sher zeigte ein sehr gut ausgeleuchtetes Set, was in den
meisten neuen Produktionen nicht so gut durchzeichnet. Joaquin Phoenix spielte neben
Robert DeNiro die Rolle von Arthur Fleck, einen geistig beunruhigten Clown in Gotham City,
der sich auf einer Abwärtsspirale von sozialer Revolution und blutigen Verbrechen begibt.
Man muss es mögen! Viele der älteren Zuschauer fanden es nicht so gut. Am Ende der Story
kommt der Joker (wie er sich am Schluss nennt) in eine Nervenheilanstalt. Der Film war auf
dem Filmfestival in Venedig ausgezeichnet worden und Dank dem starken Spiel von Joaqin
Phoenix könnte auch noch ein Oscar folgen.
In der Spätvorstellung um 22.00 Uhr lief "Stirb Langsam" in einer 70 mm Blow-Up Kopie
von 35 mm Panavision mit 6-Kanal Dolby A Magnetton. John McClane, gespielt von Bruce
Willis, kämpft im Alleingang gegen eine Gangsterbande in einem Bürohochhaus, ähnlich wie
Sylvester Stallone in "Rambo". Die Kopie im gut erhaltenen Zustand mit satten Toneffekten.
Am Sonntag ab 11.00 Uhr, nach dem Frühstück in der Schauburg, das Kurzfilmprogramm in
70 mm. Zuerst "Die wehrhafte Schweiz" in der für Cinerama geänderten Fassung mit
6-Kanal Magnetton und einer von Robert Gaffney in MCS 70 Superpanorama gedrehten
Dokumentation über die Einsatzbereitschaft der Schweizer Armee. Dieser Film wurde für die
Schweizer Ausstellung 1964 in Lausanne produziert und damals mit noch zwei zusätzlichen
70 mm Seitenbilder vorgeführt. Auch hier war das Handwerk für Bild, Ton, Schnitt wirklich
sehr professional. Weniger angetan war ich von der Weltpremmiere des Kurzfilms "Daughter
of Dismay" von James Quinn, aufgenommen mit 65 mm 8 Perforation Film und daraus eine
Ausschnittsfassung hergestellt. Dunkle Bilder mit modernen Unschärfen und einer
langweiligen Handlung. Der Regisseur stellte sich am Ende den Fragen der Zuschauer.
Zur Erinnerung an Todd AO und den weiteren Experimenten von Richard Vetter and
Carl William u. a. mit Dimension 150 und Cinespace 70 wurde ein kurzer Vortrag von
Thomas Hauerslev, dem Herausgeber von in70mm.com, ins Programm aufgenommen.
Gezeigt ein Demofilm in Cinespace 70 und danach noch "Pacific Pursuite" aus dem
Cinema 180 Programmangebot.
Um die Befreiung eines Planeten von seinen Unterdrückern ging es dann weiter um 13.00 Uhr
mit "Dune - Der Wüstenplanet" aufgenommen in Todd AO 35 und VistaVision für die Effekt-
Szenen. Vorgeführt mit einer guterhaltenen Englischen Originalfassung in 70 mm Blow-Up
und 6-Kanal Dolby A Magnettonkopie. David Lynch führte Regie und Kyle MacLachlan,
José Ferrer, Linda Hunt und Sting spielten in den Hauptrollen. Auch hier wieder muss man
trotz den Längen Gefallen finden oder nicht.
Ausgezeichnet mit 3 Oscars für Bester Ausländischer Film, Beste Regie und Beste Kamera
wurde um 16.30 Uhr nach der Kaffeepause "Roma" in 70 mm mit 6 Kanal Datasat gezeigt.
Der Film aufgenommen mit einer Arri Alexa 65 in 6,5 k digital in s/w hatte ein sehr scharfes
und bestens ausgeleuchtetes Bild auf die Cinerama Bildwand geworfen. Ich konnte das
sogar in der 3ten Reihe geniessen. Interessanter Weise wurder der Film von Netflix
produziert und relativ schnell über dessen Netz, kurz nach dem Kinostart im November 2018,
aufgenommen. Der Film erzählte die Geschichte einer siebenköpfige Familie der Oberschicht
in Mexico City in den 70er Jahre und deren Haushälterin Cleo, die von einem Kampfsportfan
geschwängert wird, später in der Notaufnahme dann eine Todgeburt erlebt. Neben dem
Fronleichnam Massaker und am Ende die Rettung der Kinder im Meer durch Cleo war nicht
viel mehr Aufregendes zu sehen. Trotzdem kam bei einer Laufzeit von 135 Minuten keine
Langweile auf.
Zum Abschluss des diesjährigen 70 mm Filmfestivals wurde nach dem Abend Dinner
"Apocalypse Now" in einer gefadeten und mit heftig dünnen Laufstreifen, aber scharfen
70 mm Blow-Up Kopie von 35 mm TechnoVision und 6-Kanal Dolby A Ton gezeigt.
Es handelte sich um die Erstaufführungsfassung von Francis Ford Coppola. Eindrucksvolle
Aufnahmen über den Schrecken des Krieges. Ich verfolgte diesen Film nur bis "Ich liebe
den Geruch von Napalm am Morgen", nach dem Angriff auf ein Dorf mit der Musik
von Wagners Walkürenritt.
Wie immer waren die Vorführungen von dem Projektionsteam Vincent Koch und Marcus
Vetter perfekt. Vielen Dank an Herbert Born für die Veranstaltung, die hoffentlich
noch einige Jahre fortgesetzt werden kann. Auch Dank an die bemühten Helfer im Verkauf
und hinter den Kulissen der Cinerama Schauburg Karlsruhe.