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Mit dem Rücken zur Wand, oder wie gehts weiter im Leben als Filmvorführer?


Sonic

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Hi Leute.

Ich wollte mich mal hier etwas auskotzen. Leider sehe ich keine Zukunft mehr als Filmvorführer oder generall als jemand, der sich dem Analogfilm versprochen hat.


Angefangen hat es vor etwar zwanzig Jahren im Kunstkontext, habe meinen ersten Super 8 Film entwickelt und mich vom analogen Film sehr verzaubern lassen. Später nach der Kunstuni hatte ich einen Teilzeitjob in einem Kopierwerk in der Telecine. Nach der Insolvenz, ja, man hat es kommen sehen, bin ich übergangsweise ins Kino um zu projizieren. Glücklicherweise waren es überwiegend 35mm und ich konnte hier noch die Projektion erlernen. Es wurden dann doch vier Jahre bis ich gekündigt hatte. Grund war m.E. Misswirtschaft und extreme Unterbezahlung gepaart mir absehbarer Teuerung der Dinge des täglichen Lebens. Irgend wie habe ich dann etwas gepokert um eine absehbare Stellenausschreibung in einem Kino, wo ich eigentlich schon seit vielen, vielen Jahren hin wollte.

 

Leider ging das Blatt nicht auf und ich fühle mich auch im Umgang ziemlich verarscht, wenn man das so sagen darf. Beim zweiten Job als Operator, ein Brotjob sagen wir mal, ebenso, aber da war das Angebot (rein digital) eh nicht so prickelnd. Jetzt bin ich wohl durch mit allen Möglichkeiten. Man kennt ja die Szene, bei mir Region Ost in Österreich, und die üblichen Verdächtigen. Irgend wann hat man dann eh alle durch oder weiss, wo man eben nicht hin will, es sind auch schon ein paar schwarze Schafe dabei. Es ist insgesamt ein Nischenberuf und das wissen manche Arbeitgeber, da werden Enthusiasten gerne ausgenutzt weil es ja keine Alternativen gibt. Ich finde es schade, weil bei mir jetzt umfangreiches Wissen brach liegt. Ich bin technisch begabt, kann Ersatzteile nachfertigen, Geräte warten, habe eben Laborerfahrung, kenne die Welt aus den Augen eines Filmschaffenden und Veranstalters, quasi ein Generalist.

 

Es macht mich traurig, dass ich meine Leidenschaft nicht so ausleben kann und damit meinen Lebensunterhalt verdienen darf. Ich habe mich jetzt mal entschlossen, Teile meiner filmtechnischen Geräte zu verkaufen, weil es mir momentan am Einkommen fehlt. Irgend wann werd ich es sicher bereuen.

 

Tja, das musst mal raus.

lgS

 

 

 

Bearbeitet von Sonic (Änderungen anzeigen)
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Besser mit dem Rücken zur Wand als mit der Fresse im Kuhfladen. So hat es sich für mich angefühlt, als ich das Labor aufgeben mußte. Die Projektoren, die Schneidetische, die Kopierapparate, eine Entwicklungsmaschine, der ganze Krempel nur noch eine Last zu den Schulden hinzu.

 

Die Menschheit hat so vieles fallen lassen, um zum Computer überzugehen: Schreibmaschine, Telex, Fax, Fernschreiber, Lettern- und Zeilengußanlagen, Hochdruckpresse, chemische Fotografie, chemische Kinematografie, Kino. Immer noch glauben viel zu viele Leute, mit dem PC könnten sie alles machen, was Retoucheure, Reprografen, Fotografen, Grafiker, Korrektoren, Revisoren, Filmvorführer, Filmcutter, Filmkameraleute, Filmtonleute und Trickspezialisten tun oder taten. Von den Titelmalern ganz zu schweigen

 

Sei stolz auf das erworbene Wissen und Können, pflege es und baue es weiter aus. Du weißt nie, wann du es plötzlich wieder einsetzen darfst.

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Hallo Sonic.

 

Wenn es Dir ein Trost ist, ich bin auch nicht glücklich darüber, dass die Digitaltechnik den Film kaputt macht. Auch ich habe dadurch mein liebstes Hobby so gut wie verloren. Als ich anfing mich mit dem Thema Film ernsthaft zu befassen, war ich gerade mal 11 Jahre alt und fing, genau wie Du, mit Super 8 an. Ich filmte, sammelte und projizierte mit Super 8. Dann kam 16mm hinzu und schließlich erlernte ich 1990 im Alter von 16 (knapp 17 Jahren) das Vorführen in einem Kino im Nachbarort mit allem, was dazugehört. Mit dem Lauf der Zeit erlernte ich einfach alles, was zum "Kinomachen" dazu gehört:  Überblendbetrieb, Ölwechsel, Xenonkolbenbetrieb- und Wechsel, Kohlebogenlampenbetrieb- und Wechsel. Tellerbetrieb, Turmbetrieb, Projektor-Wartung und Reinigung, Plakat- und Buchstabenwechsel (Fischer-Leuchte), Kartenverkauf und Abrechnung derselben, Filmbestellungen usw. usw. Das alles war (also das Arbeiten in Kinos) vorbei, als 2015 die "digitale Revolution" stattfand und ich dann Adieu sagte. Ich wollte und will damit nichts zu tun haben. Wenn mir das Anfang der 90er-Jahre (oder gar noch früher) mal jemand gesagt hätte, wie das alles mal kommen würde, den Kerl hätte ich für verrückt erklärt, ihn in ein Taxi gesteckt, dem Fahrer Geld gegeben und zu ihm gesagt, er solle ihn in die Klapps-Mühle fahren. 

Zum Broterwerb hätte die Bezahlung eh nie gereicht, selbst wenn ich jedes Mal nach dem damals gültigen Tarifvertrag bezahlt worden wäre. Von daher habe ich das Vorführen eh immer nur als Nebenberuf betrieben. Mein Ur-Großvater hatte es Hauptberuflich nach dem Krieg gemacht, als er aus Russland nach Hause kam und dort drei Finger verloren hatte. Er konnte dadurch seinen alten Beruf als Ofenbauer nicht mehr ausüben. Aber Vorführer klappte irgendwie. Und er betrieb, genau wie ich, diesen Job mit großer Freude und Leidenschaft. Ich glaube, wenn er heute noch leben würde, dann würde es ihm genauso gehen wie mir. Er würde auch mit dem Digitalkram sehr hadern. Denn das ist nicht das, was er und ich gelernt haben. Das hat m. E. nichts mit Film zeigen, oder "Kinomachen" zu tun. 

Der Schmalfilmkram liegt bei mir auch mittlerweile größtenteils brach, eben wegen stark gestiegener Kosten. 55 Euro für eine Kassette des neuen Ektachrome 100 D (ohne Entwicklung)... oh Du meine Güte, aber wie soll man das noch bezahlen können. Gerade in der heutigen Zeit, mit gestiegen Preisen in allen Lebensbereichen. Auch das Kaufen von Filmkopien ist nicht mehr drin deswegen. Ich habe auch schon mit dem Gedanken gespielt, teilweise was davon wieder zu verkaufen. Aber das mache ich im Moment nur mit den Sachen, die ich wirklich nicht haben muss. Und so lange ich noch nicht ganz Geldmäßig auf dem trockenen sitze, werde ich garantiert nicht an meine besten Sachen rangehen. 

 

Grüße vom Panther

Bearbeitet von Der rosarote Panther (Änderungen anzeigen)
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Unglaublich, ich stand heute auch im trüben und düsterem Herbstwetter am Audimax, wo ich einst ca. 12x im Jahr 35mm-Filme im Überblendverfahren auf Meo 5X vorführen durfte und dachte wehmütig an diese vergangenen Zeiten zurück. Und die Zeiten werden immer schlimmer und härter. Privat, Beruflich und hobbymäßig ging es die letzten 10 Jahre bergab.

Ich Baujahr 1982:

1995 - erster 8mm-Filmprojektor von Eumig
1997 - erster belichteter Super8-Film (K40). Im gleichen Jahr auch noch einen Trickfilm auf Super8 gedreht.
1998 - Praktikum im Kino (Entstehung des Wunsches, ein Malteserkreuzgetriebe zu fertigen)
1999 - erster Artikel in der Fachzeitschrift schmalfilm
2002 - erste 35mm-Filmvorführung im Überblendverfahren unter Sternenhimmel im Stadtzentrum.
2004 - Fertigung eines Malteserkreuzgetriebe-Modells aus Stahl
2007 - 20 Ektachrome 64T-Filme beim Nomos-Filmwettbewerb (Fachzeitschrift schmalfilm) gewonnen und zeitgleich von meinem Arbeitgeber nach Toulouse entsendet. An meinem letzten Arbeitstag in Toulouse starb ein Freund & Mentor (Kinobetreiber und Filmvorführer). Er hat mir das Betriebspraktikum im Jahr 1998 ermöglicht. 2 Wochen später führte ich im Audimax Frankfurt (Oder) den Film "Wer früher stirbt, ist länger tot vor" Vor der Vorführung erfuhr ich vom Tod des Freundes Peter Gundlach (47) aus Buckow (Märkische Schweiz).
2009 - Kodachrome K40 wird nicht mehr produziert. Kostetet er 1997 noch 23 DM inklusive Entwicklung, waren es 2009 bereits 19 €.
2013 - Ektachrome 100D wird nicht mehr produziert. Die Fachzeitschrift schmalfilm stellt ihre Publikation ebenfalls ein.
2017- Tod meines Vaters, den ich am Sterbebett erstmals kennenlernte
2018 - Erste Begegnung mit meiner Schwester (väterlicherseits) und am anderen Ende von Deutschland wohnt (Saarland)
2019 - Erstes eigenes Weihnachtskino "Dei Haselnüsse für Aschenbrödel" unter Sternenhimmel vor dem alten Kino.
2020 - Corona-Pandemie, 1. & 2. Lockdown
2021 - Russland greift einen Tag nach meinem 40. Geburtstag und Tag der Roten Armee, die Ukraine an.
 

Bearbeitet von Martin Rowek (Änderungen anzeigen)
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Wer noch Freude hat mit dem chemischen Film zu arbeiten der ist genau richtig in den Filmmuseen. Man sprach mich an in Düsseldorf bei meinem dortigen letzten Kinobesuch. Zwei mal FP 30 D mit Überblendung. Spielen dort bis auf DTS und SDDS die bekannten Mono, Dolby A, Dolby SR, Dolby SRD als Tonformate. In der Projektion steht auch ein rechtseinleger Kombiprojektor von Kinoton mit 35MM und 16MM als Filmformat. Digital gibt es einen Christie mit Doremi. Cinemaprocessor ist ein Dolby CP 650 mit Endstufen von Crown. Kann mit DTS auch überblendet werden oder geht das nicht wegen des Timecods?

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Filmmuseum bzw. Archiv und die Filmkunst hab ich schon durch, danke für den Rat : ) Wien ist echt schon sehr gut aufgestellt was Analogfilm betrifft, im vergleicht zu dem, was vielen anderen Grossstätten zu bieten hat. Doch die meisten die im Bereich Analogfilm arbeiten wollen nun nicht mehr Teiilzeit sondern Vollzeit (bzw. halt mehr) arbeiten, weil das Leben halt momenten echt rapide teuerer wird. Und der Rest sitzt so auf ihrem Tron und hält die Hand darüber, dass es übertrieben gesagt fast schon mafiös wirkt. Ich bin eben diesen Sommer nach einem Jahr überlegen und diskutieren abgesprungen und war seit dem auch nicht mehr im Kino, irgend wie bring ichs nicht. Es gibt auch keine Lobby. Der Kollektivvertrag ist bei ca. 8,50€ Brutto stehen geblieben und niemand hat interesse, daran zu rütteln. Heute beim Wandern habe ich mir überlegt, ob ich mir eine kleine kompakte Digitalkamere besorge und einfach wieder einen Film mache, ohne eben pro Minute 1000€ einberechnen zu müssen, das ist schon richtig dekadent geworden.

 

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