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Vergessenes Verfahren zur Farbbild-Suggestion


Friedemann Wachsmuth

Empfohlene Beiträge

Hallo,

 

zwar ist das Thema nicht wirklich Laufbild-spezifisch, aber hier ist zumindest das Fachwissen versammelt -- und auch erweitertes Googlen hat mich nicht weitergebracht.

Ich erinnere vor ca. 20 Jahren in einem geliehenen Buch (dessen Titel ich nicht mehr weiss) gelesen zu haben, dass es ein uraltes Verfahren zur "Wahrnehmung von Farben durch SW-Film" gibt.

Das Verfahren besagt, dass man ein (identisches) Motiv einmal mit und einmal ohne Rotfilter auf SW-Umkehrmaterial belichten soll. Projiziert man diese beiden Bilder dann mit zwei Projektoren deckungsgleich aufeinander und hält vor das rot-gefilterte erneut das Rotfilter, nimmt der Betrachter angeblich ein Farbbild wahr.

 

Weiss irgendjemand mehr zu diesem Verfahren -- Erfinder, Herkunft, Name oder ähnliches?

Ja, natürlich kann ich das auch "einfach" mal schnell ausprobieren, aber im Moment fehlt ein bisschen die Zeit und ich würde eben gern zunächst die theoretischen Hintergründe untermauern.

 

Erklären kann ich mir den Effekt nicht. Vielleicht ist er ja auch einfach eine Lüge.

 

Weiß jemand was genaueres?

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Erinnere mich düster an einen Hinweis, eventuell aus "H.C. Opfermanns Filmkurs" oder einem anderen Filmgestaltungsbuch des Autors.

 

Opfermann erwähnt irgendwo in einem Text über Farbgestaltung Experimente aus den 1930er Jahren, bei denen man jedes dritte Bild einer schwarzweißen Vorführkopie rot einfärbte und eine subjektive Farbwahrnehmung erzielte.

 

Es ging dabei aber nicht um spezielle Technik bei der Aufnahme, und ich konnte mir nie vorstellen, wie das funktionieren sollte... Aber das wäre doch eine schöne Modifikation für Masterimage-Installationen - endlich Schwarzweißklassiker in Farbe, ganz ohne digitale Manipulationen!

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Auf keinen Fall will ich Dich davon abhalten, das Buch zu kaufen - aber hier ist die entsprechende Passage (Seite 292f):

 

Der Engländer G. Freese-Green, der zu den tragischen Figuren der Geschichte der Kinematographie zählt, hat schon 1910 die Welt mit einer Erfindung verblüfft, die auf ganz einfache Weise das Problem der Farbenkinematographie zu lösen schien.

Er nahm einen ganz gewöhnlichen Schwarzweiß-Dokumentarfilm, färbte jedes dritte Phasenbild auf dem Filmband leuchtend rot ein (man nannte das damals Einzel-Virage) und führte dieses Filmband in einem normalen Filmprojektor nor­malen Kinobesuchern vor.

Das unerwartete, überraschende Ergebnis war, daß plötzlich alle Farben, vor al­lem bei Landschaften, vorhanden zu sein schienen.

Der Himmel wurde blau, das Gras und das Laub grün, die Erde braun und die menschliche Haut fleischfarben gesehen. Obwohl doch nur farblose Hell-Dunkel-Reize, untermischt mit einem pulsierenden, rein roten Farbreiz, der die Zu­schaueraugen alle 1/4 sec ca. eine 1/32 Sekunde lang erreichte, von der Vorführfläche heruntergestrahlt wurden. Dieser Farbfilm, der sich von den üblichen, seltenen handkolorierten Farbfilmen deutlich unterschied, geriet aber bald in Vergessen­heit, weil der farbige Natürlichkeitseindruck der Szeneninhalte bei vielen Zu­schauern stark wechselte und oft nur ganz undeutlich auftrat.

In den fünfziger Jahren unseres Jahrhunderts überraschte dann der Amerikaner Edwin H. Land, dem die Welt die Konstruktion der Polaroid-Kamera verdankt, die Naturwissenschaften mit Farblicht-Experimenten, die ebenso wie die kinematografischen Experimente von Freese-Green die Young-Helmholtzsche Dreifar­bentheorie zu widerlegen schienen. Er tat nichts anderes, als die struktur- und formlosen farbigen Lichter, die in der Physiologie zum Nachweis der Dreikompo­nententheorie auf die Vorführfläche projiziert wurden, durch farbige Gestalten von gleicher Helligkeit und Intensität zu ersetzen.

Dabei zeigte sich, daß Land aus der Projektion z. B. das ganze Grün einfach weg­lassen konnte, ohne daß eine Änderung der farbigen Abbildung auftrat. Die Bäume und das Gras erschienen den Betrachtern in den projizierten Bildern ganz normal grün gefärbt, obwohl im Projektionslicht keine Spur grüner Lichtfar­ben enthalten war.

Ja, selbst wenn Land seine Bilder nur noch mit Hilfe rein roter Farblichter proji­zierte, also außer den grünen auch noch alle blauen Farbtöne wegnahm, sahen die Zuschauer weiterhin den Himmel blau, die Vegetation grün, genau so wie in den Filmen von Freese-Green, nur deutlicher und genauer.

Aus diesem Experiment geht deutlich hervor, daß sich die Farbenempfindungen des Zuschauers ganz entscheidend ändern können, sobald nicht nur das Auge, sondern auch das Gehirn in Gestalt des Sehzentrums am Sehen teilnimmt.

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Ich könnte mir immerhin - so verwegen es sich anhören mag - vorstellen, dass auf das rot aufblitzende Einzelbild das Auge die beiden folgenden rein schwarz-weißen Bilder mit der Komplementärfarbe (also grün) assoziiert; worauf dann gleich wieder ein rotes Bild folgt usw. Ein netter psychologischer Betrug am Auge. Wie daraus allerdings die Separierung in grüne Wiesen und - hmm, roter Mohn? - und schließlich noch blauen (!) Himmel funktionieren soll; keine Ahnung. Alles nur Einbildung? Funktionieren würde das jedenfalls - falls da irgendetwas jemals funktioniert hat - aufgrund des erforderlichen Farbwechsels nur mit einer Bewegtbilderprojektion, nicht mit einer Diaprojektion.

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Das was ich zu lesen gehabt erinnere, war für Dias. Ich bin immer noch nicht dazu gekommen es zu probieren, aber ich habs fest auf der Liste der Hobby-ToDos :)

 

Wie gut sich das Auge täuschen lässt, kann man unten sehen. Das geht zwar so nicht bei Bewegtbild, aber faszinierend ist es trotzdem.

Einfach ein paar Sekunden auf den Punkt starren.

 

johnsadowskicastleanimtx6.gif

 

Genaueres: hier.

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Faszinierend.

Es funktioniert offenbar tatsächlich -- zumindest in Photoshop.

 

Mein erster Versuch:

skitched-20100803-001423.jpg

 

Richtig wirken tut das aber erst in Fullscreen und ohne jegliche andere Lichtquelle im Raum; in so klein wie hier lässt sich das Auge viel schlechter täuschen.

 

Für interessierte liegt hier die zugehörige PS-Aktion. Sie macht folgendes:

 

- Sättigung des Farbbildes etwas erhöhen

- Eine Rotfilteraufnahme simulieren

- Eine panchromatische, ungefilterte Aufnahme simulieren

- Die Rotfilteraufnahme rot einfärben (wie bei der Projektion durch ein Filter)

- Durch den Kopiermodeus "Aufhellen" für die obere Ebene eine Passgenaue Doppelprojektion simulieren

 

Und wem das zu kompliziert ist, der dunkle seinen Raum ab und betrachte dies auf einem grossen Monitor in Vollbilddarstellung.

 

Nächster Schritt: Das ganze mit synchron-laufendem Plus-X probieren...

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Wie gut sich das Auge täuschen lässt, kann man unten sehen.

 

Das ist schon faszinierend, ich habe den Eindruck, je öfter man dieses Bild betrachtet, desto länger hält der Farbeindruck vor.

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Ich könnte mir immerhin - so verwegen es sich anhören mag - vorstellen, dass auf das rot aufblitzende Einzelbild das Auge die beiden folgenden rein schwarz-weißen Bilder mit der Komplementärfarbe (also grün) assoziiert; worauf dann gleich wieder ein rotes Bild folgt usw. Ein netter psychologischer Betrug am Auge. Wie daraus allerdings die Separierung in grüne Wiesen und - hmm, roter Mohn? - und schließlich noch blauen (!) Himmel funktionieren soll; keine Ahnung

Die Komplementärfarbe von Rot ist nicht Blau, sondern Blaugrün (Türkis, Cyan, wie man's nennen will). Die Grundfarben sind Rot, Blau und Grün, weil wir entsprechend empfindliche Zellen in der Netzhaut haben, ihre Komplementärfarben sind Cyan, Gelb und Magenta (Purpur). Rot weckt also Blau und Grün auf, sobald es verschwindet, den Rest erledigt die Erfahrung, die dem Himmel Blau und der Vegetation Grün zuordnet.

 

Es ist kein psychologischer Betrug, sondern ein physiologischer Kniff.

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Weil der von Opfermann genannte Name Friese-Greene (das "Friese" stammt aus der Heirat mit einer Schweizerin) nicht ganz unbekannt ist, wollte ich es nochmal etwas genauer wissen. Da gab es William FG, das war der Vater, Berufsfotograf, der zeitweise im Knast saß, die erwähnte Schweizerin heiratete und (unter anderem) ein Patent für einen Zweifarbenfilm hielt. Sein "Biocolour" arbeitete nach dem Folgeverfahren - ein schwarz-weiß-Bild für den roten, das nächste für den grün-blauen Farbauszug; anders als bei Kinemacolor erfolgte die Projektion jedoch nicht durch eine rotierende Filterscheibe, sondern der Positivfilm wurde bildweise im Wechsel orangerot und blaugrün eingefärbt. Den Patentstreit gegen Charles Urban's Kinemacolor gewann er, und doch wird kolportiert, dass er 1921 mit lediglich einem Schilling und zehn Pence in der Tasche starb.

 

Und dann gab es Claude (Harrison) FG, Kameramann (und Regisseur). Überr ihn schrieb Robert Koziol (= Gert Koshofer):

 

"Eine besondere Variante des zweifarbigen Folgeverfahrens war die Ausnutzung des sogenannten Kontrasteffekts nach einem englischen Kinemacolor-Patent von 1914. Das Blaugrünbild wurde ohne Farbfilterung projiziert, so dass es infolge der Augenermüdung nach abwechselnder Projektion des orangerot gefilterten Auszugs als blaugrüne Kontrastfarbe erschien. Die ebenfalls ohne Filterung erfolgende Aufnahme des entsprechenden Teilbildes nutzte den damaligen Stand der Filmsensibilisierung. Auf der Leinwand wirkte sich der Kontrasteffekt nur gering aus, d.h. grünblaue Töne erschienen recht schwach, und bei sehr reinen Farben versagte das Verfahren völlig. Trotzdem haben diese Variante aufnahmeseitig auch C. H. Friese-Greene jun. (1924) und später das englische Raycol-Verfahren benutzt. Um 1950 hat damit sogar Edwin Land von Polaroid erfolgreich experimentiert."

 

Robert Koziol, Eine Chronik des farbigen Kinofilms II, fernseh- und filmtechnikum, Juli 1972, S. 252.

 

CFG hat dann aber das Bicolour-Verfahren seines Vaters weiterentwickelt (New Natural Colour Process). Der Endpunkt der Entwicklung war der Langfilm "The Open Road" (1926), den die BBC vor einiger Zeit hat restaurieren lassen.

 

http://www.youtube.com/watch?v=xCWYXS2qaOQ

 

Man mag rätseln, warum Opfermann den jüngeren FG zu den "tragischen Figuren der Geschichte der Kinematographie" zählt. Möglicherweise liegt eine Verwechselung von Vater und Sohn vor.

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Echt? Das sagen wir jetzt aber nicht den englischen Kollegen - die glauben bis auf den heutigen Tag, bei der Dame habe es sich um eine Schweizerin gehandelt ... :wink:

 

Sollte es noch jemanden außer @Filmtechniker und mir interessieren: Die Dame hieß Victoria Mariana Helena Friese, heiratete am 24. März 1874 William Green (ohne drittes e), der fortan als William Friese-Greene (mit drittem e am Green) bekannt wurde, und hatte mindestens einen Schweizer Baron als Vater.

 

Oder gibt es noch mehr, was ich nicht von ihr weiß?

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Ich kann mich an eine Vorführung im Fernsehen anfangs der 60er Jahre erinnern. Es wurde eine Scheibe mit vielen Lichtpunkten in Bewegung gesetzt und schon glaubte man, Farben zu sehen, im s/w-Fernsehen.

Sehr verblüffend.

Theo

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Die Dame hieß Victoria Mariana Helena Friese, heiratete am 24. März 1874 William Green (ohne drittes e), der fortan als William Friese-Greene (mit drittem e am Green) bekannt wurde, und hatte mindestens einen Schweizer Baron als Vater.

Hier ist gerade die Bestätigung dafür, daß sie keine Schweizerin gewesen sein kann, denn in diesem Land gibt es keine Adelstitel und übrigens keine Orden. Das war zumindest 1874 schon so, weil mit der Bundesverfassung von 1848 mit Standesunterschieden (auf dem Papier) aufgeräumt wurde.

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