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Don Camillo und Peppone - zwei Fassungen


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Geschrieben

Immer wieder ein bisschen prickelnd, wenn man altbekannten Klassikern doch noch kleine Geheimnisse entlocken kann.

 

Alle schon mal »Don Camillo und Peppone« gesehen? Aber welche Fassung? Bekanntermaßen gab es zwei Negative – weil die gesamte Handlung zweimal hintereinander abgedreht wurde. Immerhin handelte es sich um eine italienisch-französische Coproduktion. Der Sinn des doppelten Drehs ist mir irgendwie verborgen geblieben – in der französischen Fassung sprach Fernandel natĂŒrlich französisch, doch dĂŒrfte das fĂŒr die Aufnahme der italienischen Fassung nicht anders gewesen sein; meines Wissens konnte er kein Italienisch und musste fĂŒr die italienische Fassung nachsychronisiert werden. Ähnlich dĂŒrfte es – wenn auch umgekehrt – mit Gino Cervi gewesen sein: In der italienischen Fassung hört man seine Originalstimme, in der französischen 
. Von den anderen italienischen Beteiligten ganz zu schweigen. Wie auch immer, möglicherweise wollte einfach jede der beteiligten Produktionsfirmen das Original-Negativ in seinem Tresor wissen.

 

So gab es also deren zwei. Mit unterschiedlichen Inhalten – und unterschiedlicher Schnitt-Montage. Erst wurde die italienische Fassung gedreht, dann die französische. Oder war es doch umgekehrt? Die französische Fassung macht irgendwie einen lebendigeren Eindruck 


 

Kleines Beispiel: Nach knapp einer Stunde Laufzeit macht sich Don Camillo auf den Weg zur Prozession – allein, mit dem schweren Holzkreuz. Auf dem Vorplatz zur Kirche begegnet ihm ein Straßenhund, der ihn erst freudig anspringt, dann von hinten unter die Soutane kraucht und ihn offenbar heftig zwickt – jedenfalls erahnt man noch die beiden Fußtritte, die Fernandel ihm wohl gegeben hat und die keineswegs allein der dramaturgischen Notwendigkeit entsprangen.

 

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In der italienischen Fassung kommt der Hund mĂŒde angetrabt, bleibt auf gebĂŒhrender Distanz hinter Don Camillo – und dem anschließenden Versuch, ihn auch verbal fortzuscheuchen, fehlt irgendwie eine optisch nachvollziehbare BegrĂŒndung. Auch wenn Fernandel hier ebenfalls zu einem Fußtritt ausholt – der Hund ist weiter, sicherer Entfernung.

 

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Die Fassungen zeigen nach einem harten Schnitt eine Fahraufnahme leerer HĂ€userfenster – die Einwohner haben sich alle verdrĂŒckt, wie in »12 Uhr mittags«.

 

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Die französische Fassung blendet dann ĂŒber in eine wunderschöne, western-typische show-down-Einstellung: Eine Straßenkreuzung, von sehr weit oben aufgenommen, in der sich Don Camillo langsam von links nĂ€hert. (Peppones Bande lauert, wie sich nach einem Kameraschwenk noch in der gleichen Einstellung zeigen wird, im Vordergrund.) Der Hund, immer noch freudig erregt, springt wiederum an Don Camillo herum – und als er endlich zur Ruhe kommt, sieht man ihn auf seiner rechten Seite.

 

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Ganz anders die italienische Fassung. Von der Straßen-Fahraufnahme blendet sie ĂŒber in eine Einstellung der Kreuzung zunĂ€chst in Augen-Höhe – dann harter Schnitt, und wir sind in der show-down-Einstellung. Aber was ist mit dem Hund? Er trottet lahm hinter Don Camillo hinterher und bleibt dann hechelnd auch gleich stehen – diesmal auf seiner linken Seite.

 

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Soviel zu dem kleinen Beispiel; eigentlich mehr durch Zufall entdeckt. Weiß irgendjemand von irgendjemandem, der sich intensiver mit den beiden verschiedenen Fassungen auseinandergesetzt hat?

 

Übrigens, falls Sie sich fragen, welche Fassung Sie bisher gesehen haben: Die deutsche Synchronfassung von 1951 basiert auf dem französischen Negativ 


  • Like 1
Geschrieben

... frag mich jetzt bitte nicht ...

 

Nein - wĂŒrde ich nie tun! ;)

 

Wer einen Schnelltest machen will: Nach rund dreißig Laufminuten befinden wir uns in der famosen Beichtstuhl-Sequenz, in der Peppone beichtet, wer Don Camillo verprĂŒgelt hat. Der sinnt auf Rache, und da ihm die HĂ€nde gebunden sind - HĂ€nde sind zum Segnen da -, beschließt er, Peppone einen gewaltigen Fußtritt zu geben. Wie er dazu ausholt, sieht man in beiden Fassungen nicht. In der französischen Fassung sieht man aber zumindest, wie sein linker Fuß zurĂŒckschwenkt, wĂ€hrend Peppone in der Bank nach vorne stĂŒrzt. Die italienische Fassung zeigt ebenfalls Peppones Sturz - aber Don Camillo steht wie angenagelt; offenbar hat eine höhere physikalische Gewalt Peppones Flug ausgelöst ...

 

Unter Kinematheken scheint die italienische Fassung fĂŒr die "Urmutter" von "Don Camillo und Peppone" gehalten zu werden - und die französische fĂŒr eine eher unbeachtliche SekundĂ€rfassung. Das scheint mir inzwischen, wiewohl unter Gesichtspunkten der Sprachversionen diskutierbar, im Hinblick auf das enthaltene Bildmaterial eine offenbar völlig unzutreffende EinschĂ€tzung. Mehr und mehr drĂ€ngt sich der Eindruck auf, Julien Duvivier - Franzose! - habe als Regisseur listigerweise (und sicherlich nicht gĂ€nzlich unpatriotisch) die besseren Einstellungen der französischen Fassung vorbehalten ...

Geschrieben

Noch schnellerer Schnelltest: Nach ungefĂ€hr einer Viertelstunde große Keilerei zwischen Don Camillo und Peppone am Fuße des Glockenturms. Wenn am Schluss Peppone am Boden liegt, ein Fuß an einem Glockenseil hĂ€ngend, handelt es sich um die französische Fassung. In der italienischen Fassung erhebt sich Peppone unmittelbar vom Boden. - Ein italienischer Fan hat sich freundlicherweise aufgemacht, Unterschiede beider Fassungen zu dokumentieren - leider nicht vollstĂ€ndig (wĂ€re möglicherweise ein zu anspruchsvolles Verlangen). Die eingangs beschriebenen Unterschiede in der Prozessions-Sequenz sind nicht dabei.

 

 

Übrigens habe ich gerade gelernt, dass StudioCanal fĂŒr die Veröffentlichung der BR im vergangenen Jahr auf die italienische Fassung zurĂŒckgegriffen hat - und dabei den völlig durchgeknallten Versuch unternahm, die alte deutsche Synchronfassung (der die französische Bild-Fassung zugrundeliegt) an das italienische Bildmaterial anzulegen. Heiliger Strohsack! Das musste natĂŒrlich schiefgehen und ist wohl auch ziemlich schiefgegangen, wie man den Kommentaren in den einschlĂ€gigen Foren entnehmen kann. Keiner der Forenten kam jedoch bisher auf die zutreffende ErklĂ€rung ...

 

Letztens (jetzt wird es etwas speziell): Im Internet (und auch wohl auch anderswo) findet sich die These, Gino Cervi und auch der Rest der Crew seien bilingual so gut draufgewesen, dass sie nach der italienischen Sprachfassung gleich auch die französische (mit den Dialogen auf französisch!) abgedreht haben. Dem sei auch gar nicht widersprochen. Die weitergehende Schlussfolgerung, in der französischen Kinofassung höre man nun Gino Cervi mit seiner Originalstimme, ist aber Quatsch; tatsĂ€chlich wurde der italienische Teil der Crew nachsynchronisiert. Die französischen Kollegen haben sich mal die MĂŒhe gemacht, herauszufinden, welcher französische Synchronsprecher welche Rolle ĂŒbernahm. Gino Cervi wurde danach von Jacques Eyser gesprochen.

 

http://doublagefranc...ghlight=Camillo

 

In der italienischen Fassung ĂŒbernahm Carlo Romano die Sprechrolle von Fernandel.

  • Like 1
Geschrieben

Tja, sehr schön geschildert, da ist keine Diskusion mehr nötig. Gestern sah ich bei ARTE "Die rote Herberge" mit Fernandel, ein toller Film, den ich bisher nur als Kind vor etlichen Jahrzehnten gesehen hatte und jetzt kein bisschen entÀuscht wurde. Bestimmt genauso gut wie die Don Camillo Filme.

 

Zum Thema: Ich glaube ganz frĂŒh bei den ersten Tonfilmen z.B. von Stan und Oli wurden auch verschiedene Fassungen fĂŒr andere Sprach-Versionen gedreht. Das hatte ich mal irgendwo gelesen. Ansonsten war das ja auch bei den ersten Cinemascope Filmen der Fall, dass manche Filme zweimal gedreht wurden. Z.B. Ritter der Tafelrunde und Brigadoon.

Geschrieben

Zum Thema: Ich glaube ganz frĂŒh bei den ersten Tonfilmen z.B. vonStan und Oli wurden auch verschiedene Fassungen fĂŒr andere Sprach-Versionen gedreht.

 

Das ist richtig, u.a. auch in deutsch. Ich habe irgendwo mal einen kurzen Clip gesehen (es scheint da wohl viel verloren gegagen zu sein). Klingt sehr komisch, die Originalstimmen auf deutsch zu hören, wenn man immer nur die Synchronstimmen kannte.

Geschrieben

Gestern sah ich bei ARTE "Die rote Herberge" mit Fernandel ...

 

Wo wir schon bei Synchronfassungen und Synchronsprechern sind: Was mich an der "Roten Herberge" dann doch wahnsinnig enttÀuscht hat, war, dass ARTE sie in einer neuen Synchronfassung ausgestrahlt hat. Zu Fernandel gehört die unverwechselbare Stimme von Alfred Balthoff. Die Neufassung empfand ich irgendwie steril und unlebendig ...

 

Und damit zu den Kuriosa: Aus der Don Camillo-Serie hat Alfred Balthoff Fernandel nur fĂŒr die ersten beiden Filme synchronisiert. Mit dem Wechsel der Synchronfirma (?) sprach Klaus W. Krause ab "Die große Schlacht des Don Camillo" dessen Rolle. Bis - ja, bis Alfred Balthoff im letzten Film ("Genosse Don Camillo") dann wieder zum Zuge kam. - Irgendwie wundert mich nicht, wenn die Auffassung vertreten wird, die ersten beiden und der letzte Film seien die besten der Serie ...

Geschrieben

Es gab noch einen 6. Teil: "Don Camillo und das rothaarige MĂ€dchen".

WĂ€hrend der Dreharbeiten starb Fernandel und Gino Cervi stieg aus, da er ohne Fernandel nicht

weiter machte.

Der Film wurde zwar fertig gedreht, kam aber nie in unsere Kinos.

Die Kritiken waren alles andere als Positiv.

Dies nur zur ErgÀnzung.

Servus

Theo

  • 3 Jahre spĂ€ter...
Gast BayernFilm
Geschrieben

Ich muss diesen Thread wieder aus der Versenkung holen, da ich mittlerweise in diesem Forum angemeldet und ein grosser Don Camillo Fan bin.

Eine kleine Info zum 6. Teil: im Sommer 1970schon sehr bald nach der Veroeffentlichung des Buches, wurde "Don Camillo und das Rothaarige MĂ€dchen" gedreht. Es entstanden in etwa 35 Minuten Filmmaterial. Als es zu einer Szene kam, in der Don Camillo die Rothaarige hochheben musste gelang ihm dies trotz der nur 50kg Gewicht nicht. Dies war verwunderlich angesichts seiner lebenslangen auch koerperlichen Staerke. Er begab sich zum Arzt und wurde mit Lungenkrebs diagnostiziert, worauf er eine Behandlung begann. Ihm wurde versichert, die Dreharbeiten wuerden unterbrochen werden, bis er wieder fit waere. Im Janunar 1971 hatte er mit Produzent Christian Jaque telefoniert und verkĂŒndet, dass es ihm wieder besser gehe und er die Dreharbeiten bald wieder aufnehmen könne. Die Filmgesellschaft hatte sich allerdings bereits zum Neudreh des Filmes mit anderen Schauspielern entschieden, Gino Cervi und Produzent Christian Jaque hatte sich geweigert, ohne Fernandel zu drehen. Wenige Wochen spĂ€ter starb Fernandel im Februar 1971, Gino Cervi 3 Jahre danach, 1974. Der neubesetzte Film wurde als erster in der beliebten Don Camillo Reihe ein vollstĂ€ndiger Flop. Laut Fernandel fehlten etwa 20 Szenen zur Vollendung des Films, was ca. 30 Minuten und gut einem Drittel der GesamtlĂ€nge entspricht. Die gedrehten Szenen befinden sich laut eines französischen Youtube-Kommentars in der Schweiz in den HĂ€nden von Fernandels Sohn, Franck Fernandel, welcher allerdings 2011 ebenfalls verstorben ist.

Jetzt meine Frage an Euch liebe Brueder und Genossen, hat jemand schonmal Szenen aus diesm Film gesehen? Da er ja unvollendet war, wurde er nie offiziell veroeffentlicht. Hat jemand genauere Infos zum letzten Teil, wo koennten sich die Aufnahmen befinden? War jemand schon mal in Brescello im Museum und hat vlt dort nachgefragt?

Nikita

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