Hallo!
kürzlich habe ich eine Bolex D8L bekommen. Seit Jahren wollte ich das schöne Stück schon haben. Jetzt kann ich sie endlich ausprobieren.
Auf den ersten Blick eine Kamera die einen sehr soliden Eindruck vermittelt. Sie scheint viele Möglichkeiten zu bieten und das alles auf kleinstem Raum. Materialien und Ergonomie vermitteln einen sehr positiven haptischen Eindruck. Ich habe erhofft, die Kamera wäre gut geeignet zum spontanen Filmen mit "Life-schnitt" und auch heute noch Praxistauglich.
Die Praxis scheint jedoch weniger optimal auszusehen. In meinen Augen ist die Kamera nicht gerade optimal gestaltet, da sich einige Widersprüche ergeben:
Der Belichtugsmesser:
Positiv:
- raffiniertes System zur TTL-Messung. Eine Selenzelle wird kurzzeitig zwischen Objektiv und Film geschwänkt. Die Belichtung wird gemessen, die Blende kann entsprechend eingestellt werden, beim Auslösen schwänkt sich die Selenzelle wieder aus dem Strahlengang und es kann gefilmt werden.
- Die Selenzelle wird immer nur sehr kurze Zeit dem Licht ausgesetzt und wird dadurch kaum abgenutzt.
Negativ:
- Die Einstellung des Belichtungsmessers ist ausgesprochen umständlich:
Mittels Indexscheibe oder Tabelle (je nach Modell) muß eine Indexzahl ermittelt werden.
Diese ergibt sich aus DIN/ASA, verwendeter Brennweite sowie der eingestellten Öffnung der Variablen Sektorenblende.
Die Indexzahl muß dann am Belichtungsmesser der eingestellten Bildfrequenz gegenübergestellt werden.
Dann kann gefilmt werden.
In der Praxis bedeutet das:
Bei jedem Objektivwechsel muß eine neue Indexzahl ermittelt und am Belichtungsmesser eingestellt werden oder zumindest kontrolliert werden ob die alte Indexzahl noch passt.
Bei jeder Veränderung der Bildfrequenz muß eine neue Indexzahl ermittelt und am Beli eingestellt werden.
Bei jeder Veränderung der var. Sektorenblende muß eine neue Indexzahl ermittelt und am Beli eingestellt werden.
Eine Veränderung der var. Sektorenblende kommt in der Praxis eher selten vor. Die Bildfrequenz verändert man auch nicht all zu oft und bei vielen Doppelachtkameras muß der Belichtungsmesser daraufhin nachgestellt werden. Beide Punkte wären verkraftbar.
Was mich wirklich stört sind folgende Punkte:
1. Um den Beli richtig einzustellen muß man erst umständlich eine Indexzahl ermitteln.
2. Die Tabelle hierfür (sowie die Indexscheibe) stimmen nur Bedingt. Bei manchen Objektiven gelten andere Indexwerte. D.h. man muß zusätzlich in der Anleitung nachsehen.
3. Nach einem Objektivwechsel muß ich den Beli neu einstellen
4. Der Belichtungsmesser eignet sich nur für Filme um die 10 ASA!!! In der Anleitung steht: ACHTUNG! - DAS AUF DER DREHBAREN SKALA BEFINDLICHE DREIECK MUß SICH MIT SEINER SPITZE IMMER INNERHALB DES BEREICHS DER HALBKRIESFÖRMIGEN LINIE BEFINDEN.
Daraus ergibt sich in der Praxis, daß man mit Weitwinkelobjektiv und bei 16 B/Sek. nur Filme unter 20 ASA verwenden kann. Mit Normal- und Teleobjektiven nur Filme unter 40 ASA. Will man höherempfindliche Filme verwenden so geht dies nur wenn man in den Zeitlupengängen filmt oder mit halb geschlossener Sektorenblende filmt und sowieso nicht mit Weitwinkelobjektiv.
Ich frage mich nun folgendes:
- warum kann ich Indexzahlen wie z.B. 16 (gilt für 80 ASA bei offener Sektorenblende und Weitwinkelobjektiv) ermitteln und einstellen wenn mir dann die halbkreisförmige Linie sagt, daß der Beli in diesem Bereich nicht richtig mißt??? Die Meisten Indexzahlen werden durch die halbkreisförmige Linie ungültig gemacht. Der Beli mißt also nur in Bereichen von Filmen die´s kaum gab und heute sowieso nicht mehr gibt.
- Wozu nutzt mir der Dreierrevolver, wenn ich nach jedem Objektivwechsel erst umständlich eine Indexzahl ermitteln und den Belichtungsmesser nachstellen muß? Der große Vorteil von 3er-Revolvern ist doch ansich, daß ich schnell zwischen verschiedenen Brennweiten wechseln kann und so immer spontan schußbereit bin. Im Besten Fall kann ich spontan eine Szene filmen in der von der Totale zur Nahaufnahme alles vorkommt. Durch das umständliche Belichtungsmessersystem ist dieser Vorteil dahin.
- Die Schnelligkeit wird noch dadurch gebremst daß ich die Entfernung schätzen und einstellen muß und ggf. nicht nur das Objektiv, sondern auch noch den Sucher manuell verstellen muß.
Die D8L scheint auf den ersten Blick praktisch und schnell zu sein. In Wirklichkeit ist sie unpraktisch und langsam. Der Belichtungsmesser ist kaum tauglich und wohl das größte Manko an der Kamera.
Was meint Ihr dazu? Wer von Euch benutzt denn die D8L? Wie geht Ihr mit dem Belichtungsmesser um? Kann man ihn irgendwie umjustieren o.ä. um ihn für heutige Filme tauglich zu machen? Bin gespannt auf Eure Meinungen.
Grüße,
Seimi