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Leinwandhelligkeit: Unterschied zwischen 35mm & 70mm Film?


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Geschrieben

Ich frage mich ob es damals einen effektiven Helligkeitssprung zwischen 70 & 35mm Film gab. So wie ich gelesen habe, war auf der 70mm Leinwand (hier in Bremen ca. 18m Breit) ein 6,5 KW Brenner zuständig - der größte angeblich zu dieser Zeit (60-70er Jahre). Allerdings ist das Licht bei 35mm auch nicht gerade schwach und braucht meist nur halb so große Leinwände ausleuchten (Energie-Faktor 1/4). Dafür ist das Gate bei 70mm größer und es passt mehr Licht durch.

Frage: wie sah das früher allgemein aus, beide Leinwände annähernd gleich hell oder doch eine Filmgröße oft heller? Ich weiß, die Leinwand hat auch großen Einfluss (Beschichtung)...... mal davon abgesehen, gab es vielleicht sogar Helligkeitsmessungen oder sogar Normen?

Geschrieben

ERst einmal, die Norm für 70 mm sah etwas mehr, als die doppelte Bildwandleuchtdichte vor.

125 cd/m² gegenüber 55 cd/m². Wobei es hier 55 + 20/ - 10 cd/m² bei 15% Randlichtabfall hieß.

Das ist insofern ein erheblicher Unterschied, als für die meisten Menschen das Dämmersehen ab 50 cd/m² beginnt, und Farbensehen erst darüber. "Bey der Nacht sind alle Katzen grau" beschreibt das fehlende Farbensehen recht gut.

 

Bei der Filmprojektion ist der Wirkungsgrad abhängig von der Punktförmigkeit der Lichtquelle. Je höher die Leistung einer Kurzbogenlampe, desto größer der Lichtpunkt.

Bei 35 mm war etwa bei 4,2 kW - eine hochbelastete Sonderlampe - Schluß. 7 kW ermöglichte eine einfachere Gleichmäßigkeit der Ausleuchtung.

70 mm - mit "Beam Spreader" - Zerroptik, die den runden Lichtkreis oval und angepaßt macht an das Bildfeld des 65 mm Filmbildes, hat einen wesentlich besseren Lichtwirkungsgrad, als 35 mm Film ihn aufwieß. Hier gab es noch Zugewinn bei 10 kW Brennern zu verzeichnen. Ohne diese Zerrlinse wäre der Lichtwirkungsgrad durch die schlechte Anpassung des breiten 2.2:1 Bildfenster zum runden Lichtfleck der Lampensonne sehr schlecht.

 

Insofern war es sehr gut möglich, zumindest in der Anfangszeit, dieses auch durchzusetzen. Zunächst wurden mit Filmprojektoren spezielle Kohlebogenlampen für 70 mm geliefert, deren Spiegeloptik ebenfalls diese Lichtpunkt Ovalverzerrung lieferte.

Da die damit erzielbare 35 mm Helligkeit beschränkt war, man nutzte nur einen Teil des Lichtovals im Kern, wurde 35 mm "artgerecht" mit stark verkleinerter Bildwand gezeigt. Beispiel, 70 mm Bild über den Bogen bei einer Höhe von 10 m hatte 21,9 m, während dann 35 mm CinemaScope als größtes Format auf 11 m Breite und 4 m Höhe gezeigt wurde.

Die 70 mm Vorführungen sahen damit vom empfundenen Bild um Längen besser aus, als ihre 35 mm Pendants.

 

Nun aber zur Realität. Der Elektrizitätshunger der großen Lichtbogenlampen war exorbitant, in einer Projektunterlage eines 70 mm Neubaus aus 1969 war von 2 x 60 kVA Anschlußwert im Überblendungsfall zu lesen. Real wurden in der 225 A Kohlebogenlampe ca 22 kW Strom verbraucht, für ein schönes Bild auch notwendig.

Für 35 mm hatte man aber zusätzlich "normale" 35 mm Filmmaschinen mit Xenonbrennern eingeplant, da deren Stromverbrauch auf der dann kleineren Bildfläche doch nur 1/6 betrug, und eine bessere Anpassung des 35 mm Spiegels zur Bildfensteröffnung bestand.

 

In Realität hieß es dann, mit dem Aufkommen der Xenon Lampe 2,5 kW um 1961 war spätestens Schluß mit den Kohlelampen. Im Foyer habe ich eine Norelco AA 70 mm Maschine stehen, die erste in Europa installierte. Ursprünglich mit Mole Super 70 Kohlelampen ausgerüstet, wurde hier auf Philips 2,5 (!) kW Vertikal Xenon 1961 umgebaut. Das Ergebnis kann sich jeder ausmalen. Schön war das Bild nicht mehr, es war dunkel, trübe und farbbefreit. Das die Lichtsonne auf 70 mm eingestellt war, war 35 mm auch ein trübes Vergnügen, und noch dunkler. Das benutzte Super Kiptar 50 mm half dann erst recht nicht.

 

Normgerecht war keine dieser Vorführungen mehr, da später auch das 35 mm Bild bei CinemaScope auf die volle Breite gespielt wurde. Jedes andere 35 mm Kino hatte ein besseres Bild, und gerade jene, mit mittleren Bildwänden und etwas größeren Lampen sowie moderneren Objektiven (Isco Ultra Star) hatten dann die besten Bilder in der Stadt.

 

Damit hast du Recht, oft war 70 mm heller und sah etwas besser aus, aber in der Realität, wie schon gesagt fernab der Spezifikationen.

Ich erinnere mich an eine Vorstellung als Schüler in besagtem Filmtheater in 70 mm. Beim Herausgehen hörten wir Erwachsene sagen: "Das ist also 70 mm? Ist ja noch schlechter, als alles andere in unserem Bezirkskino. Und es stimmte, Philips Breitbandlautsprecher (4 x 30 cm mit Hochtonkegel auf 3 x 3 m Holzplatte) und 40 W Philips Bahnhofs Verstärkerendstufen mit CP 100 Steuergerät haben auch ihre Wirkung nicht verfehlt. Ein trostloses Kapitel Kinogeschichte, die 70er und 80er.

  • Thumsbup 2
Geschrieben

Sehr schöne Darstellung. Nur ein kleiner Einwand:

 

vor einer Stunde schrieb stefan2:

Real wurden in der 225 A Kohlebogenlampe ca 22 kW Strom verbraucht, für ein schönes Bild auch notwendig.

 

Es wird nicht Strom verbraucht, sondern z. B. 22 kW (elektrische) Energie. Aber das ganz am Rande

  • Face with tears of joy 2
Geschrieben

Vielen Dank für die umfangreiche Aufklärung! 🖕

Ich bin immer davon ausgegangen, das 70mm mit Xenonbrennern projiziert wurde. Wieder was gelernt.

Geschrieben
vor 19 Stunden schrieb Film-Mechaniker:

Sehr schöne Darstellung. Nur ein kleiner Einwand:

 

 

Es wird nicht Strom verbraucht, sondern z. B. 22 kW (elektrische) Energie. Aber das ganz am Rande

 

Unter meinen Elektrogeräten habe ich nur einen Eimer für den Spannungsabfall, der Strom wird vollständig "verbraucht". 😀

 

Geschrieben
vor 6 Minuten schrieb Film-Mechaniker:

Habt ihr keine Ordnung in den Elektrizitätsbegriffen? Ladung, Spannung, Widerstand, Strom, Leistung, Arbeit, Energie?

 

Natürlich! Beispiel:

In einer Batterie ist Strom. Der kommt aber nur aus der Batterie, wenn die Spannung ihr ok gibt.

Wenn der Strom verbraucht ist, hat die Spannung keine Aufgabe mehr. Dann kommt sie irgendwann auch aus der Batterie raus.

Das ist dann sehr ätzend! 😀

 

Mal ernsthaft gefragt: Wenn ein Gast mit Nasenbluten Dich um ein Tempo bittet, erklärst Du ihm dann auch, daß der korrekte Begriff Papiertaschentuch ist?

 

 

 

  • Like 5
Geschrieben

Ne, Ordnung gibt es nur bei dir. Bei uns herrscht Chaos und beinahe stolz gelebte Unwissenheit über die Begrifflichkeiten. Ich weiß, schauderhaft, aber nun mal Realität.

  • Like 3
  • Thumsbup 1
Geschrieben

Wie sah das bei den Leinwänden mit der Bildhelligkeit eigentlich aus? Habe Fotos gesehen, da wurden 70mm Leinwände aus einzelnen Streifen (Cinerama) zusammengefügt um einen Radius zu erzeugen, war da auch evtl. eine neue Beschichtung drauf die normale "Leinwandtücher" aus der Zeit in der Helligkeit übertrafen?

Geschrieben
Am 29.9.2025 um 09:22 schrieb ruessel:

Ich bin immer davon ausgegangen, das 70mm mit Xenonbrennern projiziert wurde.

Im ehemaligen Saarbrücker Gloria-Palast standen bis zu seiner Schließung (etwa Mitte der 80er-Jahre) zwei Bauer U2-Maschinen mit Kohlelampenhäusern drauf. Meines Wissens musste man damals nicht zwingend auf Xenon umbauen, aber auf lange Sicht schon. 

Geschrieben
vor 26 Minuten schrieb Der rosarote Panther:

Im ehemaligen Saarbrücker Gloria-Palast standen bis zu seiner Schließung (etwa Mitte der 80er-Jahre) zwei Bauer U2-Maschinen mit Kohlelampenhäusern drauf. Meines Wissens musste man damals nicht zwingend auf Xenon umbauen, aber auf lange Sicht schon. 

Ich selbst habe in den 60ern regelmäßig im Gloria ausgeholfen und auch nach der Pensionierung von Vorführerlegende Toni Heep 1975 immer noch Kontakt

zu seinem Nachfolger Herrn Kügelen gehalten. Es stimmt, man blieb bis zur Schließung 1988 beim Kohlebetrieb. Bei einem Bild von 8m X 17m mit Harkness

Wand reichte eine HI 75. Bei 35mm spielten wir mit 8mm Pluskohle und 60A, bei 70mm wechselten wir auf 9mm Pluskohle und 70 A incl. Oval-Optik

im Lampenhausschacht der U2. Bildhelligkeit bei beiden Formaten war identisch.

  • Like 2
  • Thumsbup 1
Geschrieben

Zur Feststellung der gleichen Bildhelligkeit muss ich ergänzend hinzufügen, dass die 35 mm Formate dank einer horizontalen und vertikalen, motorischen Kaschierung in ihrer "ehrlichen" Größe projiziert wurden. Sie wurden nicht fälschlicherweise "aufgeblasen" auf die TODD AO Bildwand, wie z.B. im Royal Berlin und anderen Ortes. 

  • Like 2

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