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Mythos Doktor Schiwago


Bali-Kino

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Ich habe da mal eine Frage, die mir vielleicht die älteren :wink: unter Euch beantworten können.

 

Wenn ich Berichte über Kinos aus den 60ern lese, fällt mir auf, das in den großen Häusern (fast) aller Städte der Film Doktor Schiwago auf wahnsinnige Laufzeiten (teilweise über ein Jahr durchgehend) kam. Stellvertretend hierfür seien mal das Grindel in Hamburg oder der Royal-Filmpalast in Berlin genannt. Selbst in unserem beschaulichen Bremerhaven schaffte es der Arzt aus Russland auf eine Laufzeit von über 30 Wochen (im einzigen 70mm-Haus der Stadt).

 

Nun ist dieser Film wirklich für mich einer der größten Filme, die je gedreht wurden und ich hatte noch das Glück, diesen Film auf großer Leinwand (wenn auch nicht mehr in 70mm) zu sehen.

 

Dennoch - wenn ich mir die Besucherstatistik so ansehe, ist Doktor Schiwago sicherlich ein Riesenhit gewesen (heute würde man ja Blockbuster sagen), aber es gab danach jede Menge Filme, die weitaus mehr Besucher in die Kinos zogen. Dennoch schaffte meines Wissens nach kein anderer Film mehr solche Laufzeiten durchgehend in den großen Häusern (meistens wurden die Filme dann doch weitergereicht vom Premierenkino bis zum Vorstadtkino).

 

Was machte den Erfolg dieses Films aus, dass er so lange in einem Haus (meistens ja auch ein 70mm-Theater) laufen konnte? Gab es in den Monaten nach dem Start von Doktor Schiwago keine besonderen Filme, die für einen Start in einem großen 70mm-Theater geeignet waren? Oder hat dieser Film die Theaterbesitzer so beeindruckt, dass sie ihn nicht wieder aus ihrem Haus lassen wollten?

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Hej,

welches Kino war denn in Bhv 70mm-tauglich. Spontan fällt mir nur das Gloria/Cinema in der Hafenstraße ggü. ehem. Kistner ein.

Im BWR des Apollo hing vor einigen Jahren noch ein Plakat von Doktor Schiwago, offenbar in Erinnerung an bessere Zeiten.

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Richtig - das Gloria (bzw. nach Einbau einer 70mm-Anlage wurde es zum Cinema umgetauft) war das einzige Kino in Brhv mit einer 70mm-Anlage. Das Kino wurde aber Ende der 60er Jahre geschlossen , danach lief der Film noch einige Male im Apollo - aber zu der Zeit, als es noch einen großen Saal mit großer Leinwand und vernüftiger Vorführung gab.

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Es ist anzunehmen, daß DOCTOR ZHIVAGO auch einer der besucherstärksten Filme war, wenngleich die Weltbevölkerung seither gewachsen ist.

 

Die Einsätze in den Roadshow-Kinos (Großbildwand, 4-Kanal-Magnetton und/oder 70mm) liefen weltweit über viele Monate, unbesehen die zahllosen Wiedereinsätze bis Mitte der 1980er Jahre.

 

Die größte Bildwand, auf der er zu sehen war, gab es im ROYAL PALAST IM EUROPACENTER in Berlin mit 32.80 x 14 Metern bei einer Krümmung von 120 Grad.

Regisseur David Lean sagte anläßlich der Premiere, dies sei die schönste und größte Leinwand, die er je gesehen habe.

 

Das Opus lief dort länger als an irgendeinem anderen Ort dieses Planeten: 166 Wochen.

 

Beim ersten Wiedereinsatz 1971 hatte er die Besuchermarke von 2 Millionen Zuschauern in nur einem einzigen Kinosaal überschritten.

 

 

_________________________Royal-Saal_1__Totale._m23.2.2004_006__scharfgezeichnet.jpg

 

_________________

 

Der Erfolg kann eben so wie der von GONE WITH THE WIND in dieser ehemaligen Frontstadt auf Entbehrungen und Bedrohungen der Nachkriegs-Ära zurückgeführt werden.

 

Das Kino ROYAL PALAST wurde 2007 abgerissen und durch einen Neubau eines SATURN-Flagship-Stores "ersetzt".

 

In den 1990er Jahren bis zur Jahrtausendwende wurde er auf 70mm immer wieder auch in der Berliner URANIA bei hervorragenden Besucherzahlen aufgeführt. Komplett mit allen Ouvertüren-, Pausen- und Schlußmusiken.

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@cinerama:

ja, schön, dass Du mal wieder alle Fakten über das Royal wiederholst, aber die Frage von @Bali-Kino bezog sich meies Wissens auf Schiwago.

 

@Bali-Kino hat geschrieben:

aber es gab danach jede Menge Filme, die weitaus mehr Besucher in die Kinos zogen. Dennoch schaffte meines Wissens nach kein anderer Film mehr solche Laufzeiten durchgehend in den großen Häusern (meistens wurden die Filme dann doch weitergereicht vom Premierenkino bis zum Vorstadtkino).

Richtig. Aber schau Dir doch einmal die Kopienzahlen von damals und heute an. Selbst in den 80ern, als für (West-) Deutschland bei 250-300 Kopien absolute Obergrenze war, schaffte es ein "Dirty Dancing" auch noch vielerorts auf Laufzeiten von 25 bis über 50 Wochen. Auch ein "Der mit dem Wolf tanzt". Ein "Potter" oder "Ringe" mit über 1.000 Kopien legt halt für 5 Wochen alles andere Lahm - aber dann ist halt auch Schluß!

 

Weiß vielleicht jemand, wie viele EA-Kopien von "Schiwago" im Umlauf waren?

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Ich nehme an die langen Laufzeiten von Filme wie "Doktor Schiwago" und "My Fair Lady" kamen in der Erstaufführung in 70 mm Häuser zuerst. Die 35 mm Auswertung war viel später. "My Fair Lady" lief 75 Wochen in Stuttgart in 70 mm mit 1 Kopie. Es gab dann sogar noch in dieser Zeit 1 oder 2 mal in der Woche den Titel in 70 mm im englischen Original. Bei "Ben Hur", der erst 2 Jahre nach der 70 mm Auswertung in anderen Städten lief, mußten die Kinobesitzer Vorauskasse bezahlen, soweit mir das erzählt wurde. Dann gab es aber auch Titel wie "Eine total total verrückte Welt" die nur 3 Wochen liefen. Dazu noch "Camelot" oder "Meine Lieder meine Träume" der in manchen Städten überhaupt nicht gezeigt wurde, weil diese Flops waren.

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Wenn ich mich recht erinnere, stand in Berlin "Doktor Schiwago" auch nach dem Absetzen der Vorstellungen im Royal nicht für Einsätze in den Bezirken zur Verfügung, da eine WA im Royal zum darauffolgenden Weihnachtsfest geplant war. Einzelhäuser hatten es in Konkurrenzsituationen schon immer schwer……

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Ich meine Dr. Schiwago lief in Hambung deutlich länger als 166 Wochen. Bei 30 Monaten wie auf einem Foto hier im Forum sind´s schon 135 Wochen. Ich glaube er lief über 200 Wochen. Ich bin als Kind viele Jahre mit der Straßenbahn war wohl Linie 2 am Grindel vorbeigefahren. Bei diesen langen Laufzeiten darf man nicht vergessen, dass es früher nur ein Fernsehprogramm gab, keine Videos, DVD und LCD -Fernseher..und nicht zu vergesssen: Es gab meine Tante!! Die hat Schiwago 50 x im Grindel gesehen!!! Noch beeindruckender finde ich zum aber das Ben Hur im Savoy Anfang der siebziger Jahre es noch auf 118 Wochen oder gar mehr schaffte. Außerdem zeigt dies deutlich, dass Kino "große Leinwand" = "großes Erlebnis" bedeutet.

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Zu diesem Riesenerfolg hat wohl auch der Soundtrack mitgeholfen, der damals ja ununterbrochen von verschiedensten Interpreten im Radio und Fernsehen gespielt wurde. Schnief, schnief die schneuf...

Geniales Marketing?

 

Du meinst doch nicht den größten Komiker aller Zeiten ...

 

unsern DiDi woll ... palim palim

 

weeste icke hab da mal wat ... :lol:

 

Gruss

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Ich nehme an die langen Laufzeiten von Filme wie "Doktor Schiwago" und "My Fair Lady" kamen in der Erstaufführung in 70 mm Häuser zuerst. Die 35 mm Auswertung war viel später. "My Fair Lady" lief 75 Wochen in Stuttgart in 70 mm mit 1 Kopie. Es gab dann sogar noch in dieser Zeit 1 oder 2 mal in der Woche den Titel in 70 mm im englischen Original. Bei "Ben Hur", der erst 2 Jahre nach der 70 mm Auswertung in anderen Städten lief, mußten die Kinobesitzer Vorauskasse bezahlen, soweit mir das erzählt wurde. Dann gab es aber auch Titel wie "Eine total total verrückte Welt" die nur 3 Wochen liefen. Dazu noch "Camelot" oder "Meine Lieder meine Träume" der in manchen Städten überhaupt nicht gezeigt wurde, weil diese Flops waren.

Gut, daß die Legenden des 70mm-Kinos einmal relativiert werden. Die beiden grössten "Flops" hiessen vielleicht MEINE LIEDER MEINE TRÄUME sowie STAR! (Einer der beiden Titel soll an der West-Spree sogar nur 3 Tage gelaufen sein - läßt sich noch genauer herausfinden.)

 

Ein ketzerischer Gedanke: hätte es den ZHIVAGO-Erfolg nicht gegeben, wäre das 70mm-Verfahren in der Kinodistribution noch vor Ende der 1960er Jahre eingeschlafen - und auch die letzten Experimente mit 65mm-Aufnahme wären nicht mehr in Angriff genommen worden.

ZHIVAGO ist zwar ein Blow-up, aber dank herausragender Photographie und optischer Naßkopierung allgemein sehr exqusist anzusehen, und angesichts des Erfolges schienen auch die Puristen des 65-mm-Aufnahme wieder Aufwind zu bekommen.

 

Erstaunlicherweise liefen in dieser Stadt diverse 70mm-Verleihtitel in mittelgrossen 35mm an, und oft 1 Jahr darauf plötzlich in Großkinos im Wiedereinsatz sowie in 70mm. Dazu zählen 55 TAGE IN PEKING und WEST SIDE STORY, die beide im 'Cinema Paris' in 35mm anliefen und später im 'Cinerama-Theater Capitol' am Lehniner Platz in 70mm nachgespielt wurden.

Ähnliches wiederfuhr noch 1990er Jahren TITANIC und DER LETZTE KAISER.

DOKTOR SCHIWAGO wurde in Frankfurt am Main (eben so wie BEN-HUR) im dortigen 'MGM-Theater' in Erstaufführung in 35mm-4-Kanal-Magnetton gezeigt: was dieses Haus, dass bereits seit 1956 über zwei DP 70-Projektoren verfügte (eventuell ohne 70mm-Umrüstsatz bis 1968, als der Bildwandumbau erfolgte und GRAND PRIX damit Premiere feierte) nichtsdestoweniger als Roadshow-Theater gelten ließ.

CAMELOT an der West-Spree lief zwar im Todd-AO-Haus 'City im Europacenter', aber weder der Anzeige noch Zeitzeugen war zu entlocken, ob dies im Sonderformat erfolgte.

Wenn ich mich recht erinnere, stand in Berlin "Doktor Schiwago" auch nach dem Absetzen der Vorstellungen im Royal nicht für Einsätze in den Bezirken zur Verfügung, da eine WA im Royal zum darauffolgenden Weihnachtsfest geplant war. Einzelhäuser hatten es in Konkurrenzsituationen schon immer schwer……

Den ersten Einsatz bin ich mal in den Zeitungen komplett durchgegangen: nach der 166. Woche lief im 'Royal Palast im Europacenter' VOM WINDE VERWEHT mit 8-wöchiger Laufzeit, gefolgt von 2001: ODYSSEE mit nur 7-wöchiger Laufzeit. Nach der 166. Woche fand sich also eine Zeitungsannonce der 'Kurbel': "Doktor Schiwago zieht um...". Ebendort war bereits bis 1956 VOM WINDE VERWEHT in 2 1/2-jähriger Laufzeit eingesetzt worden - in einem Betrieb, der in Konkurrenz zum 'Royal Palast' stand.

Nur wenige Monate später kehrte SCHIWAGO zurück ins Europacenter. Vermutlich wurde er für andere Einsätze vorher gesperrt.

Als ich im 'Royal' 1979 erstmals 2001: ODYSSEE sah, mußte man nach etlichen Vorankündigungen erst den 36-wöchigen Einsatz von KRIEG DER STERNE und einige Nachfolger über sich ergehen lassen. In den Bezirkskinos wurde 2001 letztmalig im Frühjahr 1978 ('Eva-Kino') eingesetzt und dann gesperrt. Man sagte dann in den Kreisen der Todd-AO-Kinobetreiber, die sich diese Filme offenbar mit Billigung des Verleihs reservieren ließen: "der ist auf Eis gelegt".

 

Diverse 70mm-Wiederaufführungen der 1970er Jahre, auch im 'Delphi-Filmpalast am Zoo', hatten zum Anlaß, daß solche Titel mindestens ein paar Monate vorher für den 35mm-Bezirkskinoeinsatz gesperrt wurden.

 

Sog. "Roadshowkinos" (der Begriff ist m.E. weit ausspannbar und nicht nur mit Breitleinwänden in Beziehung zu setzen) waren also immer auch bischen als "Killerkinos" verrufen, gehässig gesprochen. :wink:

 

Ich meine Dr. Schiwago lief in Hambung deutlich länger als 166 Wochen. Bei 30 Monaten wie auf einem Foto hier im Forum sind´s schon 135 Wochen. Ich glaube er lief über 200 Wochen. Ich bin als Kind viele Jahre mit der Straßenbahn war wohl Linie 2 am Grindel vorbeigefahren. Bei diesen langen Laufzeiten darf man nicht vergessen, dass es früher nur ein Fernsehprogramm gab, keine Videos, DVD und LCD -Fernseher..und nicht zu vergesssen: Es gab meine Tante!! Die hat Schiwago 50 x im Grindel gesehen!!! Noch beeindruckender finde ich aber, dass Ben Hur im Savoy Anfang der siebziger Jahre es noch auf 118 Wochen oder gar mehr schaffte. Außerdem zeigt dies deutlich, dass Kino "große Leinwand" = "großes Erlebnis" bedeutet.

 

Das wäre ja toll! Läßt sich der Einsatz durch alte Zeitungsanzeigen präzisieren? Eben so sagenhaft der 118-Wochen-Einsatz von BEN-HUR im Hamburger 'Savoy' in Wiederaufführung. Im Berliner 'Delphi' lief er in seiner Erstaufführung "nur" etwas länger als 1 Jahr, aber ein Dutzendmal in Wiederaufführung bis hin zum 35mm-Einsatz um 1981 (Magnetton) und 1983 (Lichtton).

 

Hätte noch Fotos aus dem 'Royal'-Einsatz - aber es hieß ja schon obenstehend: "nicht das schon wieder". :(

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Ich nehme an die langen Laufzeiten von Filme wie "Doktor Schiwago" und "My Fair Lady" kamen in der Erstaufführung in 70 mm Häuser zuerst. Die 35 mm Auswertung war viel später. "My Fair Lady" lief 75 Wochen in Stuttgart in 70 mm mit 1 Kopie. Es gab dann sogar noch in dieser Zeit 1 oder 2 mal in der Woche den Titel in 70 mm im englischen Original. Bei "Ben Hur", der erst 2 Jahre nach der 70 mm Auswertung in anderen Städten lief, mußten die Kinobesitzer Vorauskasse bezahlen, soweit mir das erzählt wurde. Dann gab es aber auch Titel wie "Eine total total verrückte Welt" die nur 3 Wochen liefen. Dazu noch "Camelot" oder "Meine Lieder meine Träume" der in manchen Städten überhaupt nicht gezeigt wurde, weil diese Flops waren.

 

Vorauskassen von 350 000 DM (rechne man mal auf Kaufkraft heute um!) waren üblich, dafür gabs per Vertrag eine mindestens 3/4 oder 1 jährige Exklusivausbeutung für die betreffende Stadt und 60 km Umland. Aber vorzeitig aussteigen, wie bei Kleopatra ging auch nicht, in der scharf geführten Korrespondenz zwischen Theaterbesitzer und Fox, verweist dieser nach 8 Monaten auf die "für ein 1000 Plätze Haus" ruinösen 8 - 10 Besucher, trotzem bestand der Verleih auf Vertragserfüllung des Jahres.

Und wie mir Ingrid Steppan erzählte, gab es 1956/1958 15 DM Eintrittspreis bei Todd AO Vorführungen, während 35 mm Erstaufführungen nur 3 bis 3,50 DM Kartenpreis brachten. Insofern waren die hohen Verleihentgelte auch gerechtfertigt. Man rechne das auf heutige Kaufkraft um, um zu sehen, Kino in Todd AO spielte in der Liga der heutigen Einheitsmusicaltheater.

 

Stefan

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Seit 1956 verfügte das MGM-Theater in Frankfurt am Main schon über 2 DP70-Projektoren? Das ist ja schier unglaublich, cinerama.

 

 

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Verleihsituation völlig verändert. Wir hatten auch damals zu Zeiten der Dr. Schiwago-Erstafuführungen im Kino auch schon zwei Fernsehprogramme. Auch gab es in den Haushalten noch keine Videorekorder. Von Multiplexen und Kinocentern ganz zu schweigen.

 

Das heißt: Der Filmkonsum eines Cineasten war erheblich eingeschränkter als heute. Die Menge an Filmen, die heute in den Unmengen im Fernsehen und anderer Speichermedien wie Videorecorder und DVD zur Verfügung stehen, waren damals schier unmöglich.

 

Damals hat ein Kinobesiitzer eines Kleinstadtkinos seine Filme noch Monate im Voraus terminieren können und konnte sogar sicher sein, daß sein Kino voll wurde.

 

Durch die Kinocentren und die Multiplexe sieht die Abspielfolge so aus: Im großen Haus starten und bis zum kleinen Haus den letzten Kinobesucher durchschleusen. Dann kommt der Film auf DVD heraus und hat bereits die nächste Sehgruppe erreicht.

 

Nicht zu vergessen die ganzen Internet-Downloads diverser Filme.

 

 

Sich darüber noch aufregen?

 

Maximum

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Seltsam, wie euphorisch hier wiederum mit Grösse (monumental) und Erfolg argumentiert wird. Das Vergangene lässt sich so gut verklären...

(abgesehen davon die Definition Kitsch = Massenware für den Massengeschmack, vorgetäuschte Empfindung [als-ob-Kunst], Erfahrung aus zweiter Hand. Exotik. Folklore).

Offenbar hat eben die Begeisterung für die Technik schon immer alles angetrieben: derselbe Fortschritt, welcher immer schneller drehen aber damit die Würde des Einfachen, Bescheidenen, Gewachsenen zerstören wird (technisch-ökonomische Rationalisierung). Das Publikum entdeckt sich nicht im sinnlichen Erlebnis, sondern als 'Besitz' der totalen Show. Das Publikum bildet sich nicht mehr organisch als ansässige Bevölkerung aus einem Quartier, sondern wird zum Produkt stilisierter Events. Das Kino verschwindet aus dem alltäglichen Sein. So begann auch das Sterben.

Sehr widersprüchlich dieses Kino-Liebhaber-Forum.

Der grösste Feind des Kinos scheint schon immer das Kino selber gewesen zu sein. Wieso also noch gegen Digitalität sein, wenn wir hier in 20 Jahren ähnliche Hymnen lesen können?

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Größe und Erfolg des debattierten Films sind nun einmal eine geschichtliche Tatsache und nicht allein Verklärung - und das mit etlichen Konseqenzen zum Nachdenken über die derzeitige Kinolage.

Absolut hat die Technik schon immer alles angetrieben: ob dies einmal zum Untergang führt, ist jenseits dieses Fakts eine ergänzende Auseinandersetzung.

 

Ein sinnliches Erleben, wie gefordert, ist aber vielfach beschreibbar: wenn Du es in der Realismus-Frage verortest und die direkte, nicht stilisierte, nicht-melodramatisierte oder nicht-überhöhte Spiegelung des nächstliegenden gesellschaftlichen Zustandes siehst, ist das ein völlig berechtigtes Konzept. Die Genres hierfür sind der Dokumentarfilm, waren der Neorealismus, Nouvelle Vague, Dogme 95 oder lateinamerikanisches Kino: in 35mm Schwarzweiß und Low-Budget, in 16mm oder heute in digitalen Formaten, die sogar unabhängig von der "Diktatur" eines Großverleihes oder eines Kinoabspiels den Weg zu ihren Rezipienten finden (so gingen Greenaway, Godard u.a. diesen Weg, und selbst George Lucas präferiert die Zukunft des On-Demand-Kinos gegenüber der Produktion für ortsfeste Filmtheater, die nun einmal Sinnbild einer monopolkapitalistischen Phase der 1920er Jahre sind.)

Wir können aber keine Monumentalfilmdebatte führen, in dem wir diesem Genre vorwerfen, nicht komplementär mit den soeben angeführten Gegenströmungen zu sein. Oder man würde zu dem Kurzsschluß gelangen: man präferiert den politischen oder experimentellen Film, egal in welchem Medium, in welchem Format, in welcher Distribution. Und man werfe jedwedes Großkino samt seiner Genres auf dem Müllhaufen der Geschichte.

Eine derartige Attitüde zeigen nicht wenige kommunale Kinos - die später dann doch in späteren Jahren plötzlich das "Genre" als Marktlücke entdecken - aber dabei weder mediengerecht noch inhaltskritisch zur Aufführung bringen: http://www.fdk-berlin.de/arsenal/progra...5ebde84ecb

 

Wenn wir über die Monumentalfilme hier reden, dann sind diese geschichtliche, technische und ästhetische Phänomene - auch und nicht selten Jugenderlebnisse.

Dabei ist es interessant zu erfahren, warum und mit welchen Tricks und Überwältigungsstrategien damalige Zuschauer auf Jahre hin an ortsfeste Filmtheater gebunden wurden. Und es kommt zu der Frage, warum dies heute anders ist, und welche Wirkungen, Einflüsse, Kommunikationsmuster/Wahrnehmungsmodi usw. die verschiedenen Kinoformen erzielen, und wann dies nicht mehr der Fall ist, weil Kino niemand mehr "hinter dem Ofen vorlockt".

 

Als Skeptiker des digitalen Kinos stellen für mich die diskutierten Großfilme ein "Bollwerk" gegen das Fernsehen, gegen Video, DVD, digitalen Vertrieb, Computerkultur, schlechte Technik, schwaches Handwerk und Langeweile dar.

 

Aufschlussreich sind übrigens die Zeitbezüge zu DOKTOR SCHIWAGO: als er Ende der 1960er Jahre jahrelang in dem o.g. Riesenkino am Berliner Europacenter lief, regierte vor den Kinotüren der Aufstand der Studentenschaft: es gibt Dokus, in denen Rudi Dutschke Reden hält, und in der Ferne das Transparent des westberliner "Durchhaltefilms" DOKTOR SCHIWAGO die Hintergrundkulisse bildet.

Wäre ich 1968 Student gewesen, hätte ich gewiss SCHIWAGO und großes Kino gehasst und wäre zu den Gründern der aufstrebenden Off-Kinoszene hinzugestossen.

 

Leider zeigte sich ab Mitte der 1970er Jahre, dass weder die eine noch die andere "extreme" Kinoform (Groß-Palast versus Studentenprogrammkino) in der Lage waren, legitime Ansprüche an Form, Inhalt, Technik, Realismus oder Ästhetik durchgängig zu erfüllen, sodaß man nicht umhinkommt, zu verschiedenen Kategorien der Filmgeschichte sich die besten Beispiele selektiv aus den unterschiedlichsten "Lagern" heranzuholen.

 

Zum Kunstwert von DOKTOR SCHIWAGO: Es dürfte nicht schwer fallen, die dramatischen oder historischen Unzulänglichkeiten der Carlo-Ponti-Produktion von 1965 anzugreifen. Das ist oft genug geschehen. Seltener oder gar nicht werden leider die sozialpsychologischen Phänomene früherer KINO-Epochen behandelt, am wenigsten an den Universitäten. Es "reicht", einen Film irgendwie und irgendwann irgendwo einmal sich "reingezogen" zu haben.

 

Gerne breche ich da eine Lanze für den monumentalen Filmpalast, auch noch in zwanzig Jahren! Es sind Kulturleistungen, auch jenseits der Betrachtung des sozialen oder poltischen Systems, in dem sie entstanden waren.

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Ich sehe allerdings in dieser Argumentation keine Differenzen zum Abspielort einer mechanisierten Multiplexkette der Neuzeit mehr. Sie ist genauso ein "geschichtliches, technisches, ästhetisches Phänomen" (bzw. wird es werden), "Jugenderlebnis" (ich zitiere Dich). Sie ist genauso der Erfolg einer "Überwältigungsstrategie." "Sozialpsychologisches Phänomen einer Kino-Epoche."

Das Kinoerlebnis auf grosser Leinwand ist ja nicht verschwunden: es hat sich nur ökonomisiert und der alleinseligmachenden Rentabilitätserfordernis angepasst, aber besteht unter den neuen Voraussetzungen weiter. Verschwunden ist das Kino der Quartiere, der Vorstadt, des Bahnhofs, auf der Landschaft. Verschwunden ist der unabhängige Kinobetreiber. Verschwunden ist das Nachspiel. Verschwunden ist das Doppelprogramm. Verschwunden ist Genrekino für bestimmte Schichten. Verschwunden ist das Kino als Bewusstsein eines Ortes. Wer aber stand für diesen Schutz ein?

Die Notwendigkeit von Öffentlichkeit, welche Du als Bollwerk gegen die Entwertung des Films und den Siegeszug des Privaten anführst, definiere ich über eine 'politische' Haltung, Zugehörigkeitsgefühl (Qualität der Nähe) oder die Sinnlichkeit des Gewöhnlichen ("vulgären Charme", wie Du es einmal genannt hast). Dafür scheint mir Dr. Schiwago gerade ungeeignet, aber es war natürlich auch eine Polemik. Sorry!

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Poltisches Kino konnte Willy Münzenberg in seiner Zeit fordern, weil die Zeit reif war für Veränderungen. Aber bereits Eisensteins Monumentalwerke zeigten "Vereinfachungen", Symbolismus, Klischee und historisch-politisches Plakatives, dass erkennen läßt, daß bestimmte filmtechnische Mittel, die oft stärker der Suggestion als der Reflektion zugeneigt waren, den Zweck zu heiligen hatten. Der politische Ansatz und die formalen Methoden waren unverkennbar brillant, aber eine "mehrschichtige" und selbstkritische Betrachtung der Realität seines Landes oder der russischen Geschichte, aber auch eine psychologische Deutung, kommen m.E. dort zu kurz. Diese Filme entstanden auch kurz nach Bürgerkriegszeiten oder in einer Epoche des ausländischen Drucks und der inländischen Repression. Weniger die prüfende Immanenz, als eine Bewußtwerdung für eine historisch für "reif" erachtete Massenmobilisierung war der Primäransatz.

 

Weiter Formen des politischen Kinos seit 1945 sind hier kaum in straffer Form vorzustellen.

 

Zu Deinem Kardinalvorwurf: Auf den ersten kritischen Blick setzt sich 2008 der Gigantomanie-Fetisch der 1960er Jahre im Blockbuster fort und könnte, sofern man dies boykottiert, nie mehr als eine Inszenierung der falschen Bedürfnisse und endlosen Vertröstungen sein. Denn gegen eine Gesellschaft des Spektakels eine "Situationistische Internationale" zu setzen, das war zuallermindest in den 1960er Jahren das treibende Postulat der Kulturkritik, die bei einigen jüngeren Regisseuren auch verfing. Etliche von ihnen blieben beim Avantgarde-, Experimental- oder Essayfilm, waren mit einem begrenzten Kreis an Interessenten zufrieden oder beklagten im anderen Falle eine unzureichende Reichweite in den etablierten Filmtheatern oder gar distributive Zwänge. Godard, der zunächst das Fernsehen hasste (und dennoch nichts mit David Lean und Monumentalität zu tun hatte), wandte sich in den 1970er Jahren daher dem Fernsehen zu - oder brachte das Kino in die Schulen und Clubs, weil er die ortsfesten Kinos immer mehr mied. Greenaway u.a. produzieren heute vornehmlich für die Rezeption im Internet.

Andere Anhänger der 1968er-Bewegung, etwa Bertolucci, vollzogen die Wende des Thesenkinos innerhalb des Genres, das Freud, Marx und Oper (zum neuerlichen Melodram) verbinden sollte. Auch deren Monumentalwerke ("1900" oder "The Last Emperor") wälzten sich allerdings in nicht gerigeren Klischees als ein David Lean, auch wenn Kameraleute wie Vittorio Storaro ihnen zur Seite standen. Letzlich war die Nähe aller Regie-Talente der letzten Dekaden, die behaupteten, "epische Filme" wiederauferstehen zu lassen, sehr nahe an David Lean orientiert, ohne jemals seine stringente formale Meisterschaft zu erreichen oder eine völlig konträre und neuartige Filmsprache im Monumentalkino erfinden zu können.

 

Aktuell gibt es hier wie da Enklaven und Refugien für den politischen Film jenseits des rigorosen Perfektionismus oder übersteigerten Formalismus, sofern man sich vom Fetisch des Unterhaltungskinos zu dürftig bedient fühlt: kommunale Kinos und andere Stätten in ganz Europa.

 

Ausgesprochen geringschätzig aber werden traditionelle Kinematographien, Technologien und stilbildende Genrefilme in diesem Lande behandelt (entweder ungenügende Formtreue, unzureichende redaktionelle Betreuung oder gar "Filmpräsentationen" in sterilen und strukturlosen "Blackboxkinos" - so etwa dieser Tage eine "Retrospektive" unseres Filmmuseums in einem schwarzen Schachtelkino eines Multiplexes, das einem früheren Studiokino der 60er-Szene erstaunlich ähnlich sieht).

 

Unter solchen Zuständen fahrlässiger Uminterpretationen einstmals stilbildender Kinoklassiker, angesichts derer Verkürzung oder der Ignoranz gegenüber Mindestanforderungen des Kinomachens, halte ich es geradezu für - in Deinem Sinne - hoch politisch oder revolutionär, in Nostalgie für das zu schwärmen, was schon schon immer besser war. Oder wenigstens für einige markante Stilingredienzien des Monumentalfkino, die völlig unabhängig vom politischen Telos nachwievor einen kunstimmanenten Wert für sich bilden, von dem man nur lernen sollte, auch wenn man es ablehnt.

 

Wenn Du legitimerweise hervorhebst, dieser Rummel der grossen Gefühle und übergrossen Bilder stosse Dich ab, dann würde ich polemisch erwidern, ein Thesen- und Politkino, dass wir in einigen Sektionen grosser Filmfestivals in DAUERVIDEO-Projektionen erleben, stellt auf Dauer ebenfalls eine Schule falschen Sehens und schlechter Bilder - sprich: der Körperverletzung - dar. Ein Filmemacher, der wirklich etwas zu sagen hat und auf die Langzeitwirkung abzielt, nimmt die formalen und technischen Herausforderungen an, anstatt ihnen auszweichen, nur weil er sich vom Joch der Technik und des Apparats unterdrückt sieht und flugs zur Mini-DV konvertiert. :wink:

 

Schiwago_im_3._Jahr__Foyer-Royal__Oktober_1970.jpg

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Da muss man sich wirklich die Augen reiben: "Grösse" und "Erfolg" als historische "Tatsachen". Soso, Tatsachen. Kriterien hierfür: Fehlanzeige. Wer entscheidet: cinerama, die Bildzeitung oder der Weltgeist? Grosser Erfolg für was? Grosser Kommerz, Kitsch oder gar Kunst??

Dazu passt: ,revolutionäre' Nostalgie der Bescheidwisser. Soviel Selbstbespiegelung blendet.

 

:oops:

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Da bin ich irritiert: wenn Ihr Kulturkritik üben wollt, wäre ich evtl. auf Eurer Seite.

Aber eines würde man bitte voraussetzen: man sollte sich mit der Film- und Kinogeschichte auseinandersetzen, auch und gerade mit dem Blendwerk.

 

Das sagt in diesem Falle: allein mit dem sarkastischem Vorwurf gegen Opfer der Verblendung und des Kommerzes langt es nicht, um diesen Erfolgs-Phänomenen auf den Grund zu gehen.

Das gilt ausserdem für einige Exzellenzen der deutschen Filmwissenschaft, die leger über das Genre schmunzeln und die Stirn runzeln. Da verwundert nicht, daß dieselben ihren Lebtag noch keine Filmrolle in der Hand gehalten haben - geschweige denn eine Kamera oder ein Kopierwerk, ein Soundstudio, einen Bildwerferraum oder ein Atelier je von innen gesehen haben, dafür aber die Junghegelianer rauf- und runterbeten.

Die Varianz leinwandtypologischer Wirkungskriterien interessiert solche Gralshüter des Wissens am allerwenigsten - die täglich mit verschrabbten Video-Kassetten die Studentenschaft beehren und das Original eines Regisseurs oder Kameramanns mit Vorsatz aus der Geschichtsschreibung verbannen. Dagegen die BILD ZEITUNG: fast "am Puls des Lebens".

 

So viel zum Blendwerk und zur Kriterienbildung. 8)

 

Und daher noch ein Zitat gegen den Kritizismus, dessen Autor unschwer zu erraten sein dürfte:

 

Die absolute Kritik hat die 'Masse' fuer DEN WAHREN FEIND des GEISTES erklaert. (...) Die absolute Kritik geht von dem DOGMA der absoluten Berechtigung DES 'GEISTES' aus. Sie geht ferner von dem Dogma der AUSSERWELTLICHEN, d.h. ausser der Masse der Menschheit hausenden Existenz des Geistes aus. (...) Schliesslich laeuft diese große kritische Entdeckung auf eine Tautologie hinaus. Der Geist hatte nach ihrer Ansicht bisher eine Schranke, ein Hindernis, d.h. einen Widersacher, weil er einen Widersacher hatte. Wer ist nun der Widersacher des Geistes ? Die Geistlosigkeit. Die Masse ist naemlich nur als 'Gegensatz' des Geistes bestimmt, als 'Geistlosigkeit' und als die naeheren Bestimmungen der Geistlosigkeit, als 'Indolenz', 'Oberflaechlichkeit', 'Selbstzufriedenheit'.

 

(Mit Selbstbespiegelung hat es nix zu tun, da ich gerade erst zwei Jahre alt war, als der Film gedreht wurde).

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Danke für Deine Antwort.

Verständnis und Begeisterung für die Möglichkeiten der Technik fehlen mir seit jeher (ich habe schlichtweg keine Ahnung). Möglicherweise bin ich in diesem Sinne weniger korrumpierbar, genügsamer, distanzierter. Lebenswirklichkeit gegen Hybris (vielleicht kommt diese Manie der Cäsaren, Triumphe, Schicksale... dem menschlichen Sein am Ende sogar näher)

Was natürlich sowieso nicht heisst, dass auch ich mich im Kino letztlich nicht nach Überwältigung sehne: eher halt Fantasie als meine Verwandlung durch Gemüt und sinnliches Empfinden (was dem Technikaffinen nicht abgesprochen sei). Und natürlich bleibt auch mein Ideal die 'aufgeklärte Masse', welche sich im (halb-)öffentlichen Raum des Kinos selber entdeckt, damit jeder Film auch nach 90 Minuten (Monumentalfim plus/minus 270) immer weitergehen wird.

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Was ich nie verstehen werde: Wie kann es sein, dass Abertausende ausgerechnet EINEN Film (immer und immer wieder) sehen wollen, welche sich ansonsten um das Kino foutieren (foutiert haben)? Die Frage ist: Wieviel taugt(e) die Masse eigentlich zur Erhaltung einer Kultur? Stehen solche Konformitätserfolge der 60er etwa gerade am Beginn ihres Endes?

Wieviel trägt die Gleichschaltung durch Medien und (die veröffentlichte Realität) zu solchen aberwitzigen Phänomenen bei? Wieviel Respekt gehört eigentlich denjenigen, welche einmal im Jahr ins Kino gehen (weil alle anderen auch gehen) - und sich nachher noch dafür feiern lassen?

 

Wir haben solch einen Hype seit bald zwei Jahren in der Schweiz mit dem (sehr bescheidenen) Film "Die Herbstzeitlosen". Ich befürchte, diese Form pervertierter Zuneigung geht auf Kosten anderer/ von anderem.

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Dat is aber wieder hart gerichtet. :wink: Ansonsten müßte ich erst darüber nachdenken: Phänomen "Mensch und Masse". Es tangiert auch den Sport oder (vielleicht im positiven Sinne?) soziale Bewegungen, die sich mitunter selbst steuern und ein Eigenwesen entwickeln (kürzlich darüber ein Uni-Seminar gelaufen).

Sowohl der hier diskutierte Film (er wurde bei der WA von mir 1979 mit Distanz aufgenommen, bei dennoch deutlichem Interesse für den Formwillen des Regisseurs und seiner Fähigkeit zur Affektbildung) als auch die seinerzeitigen Roadshow-Theater hatten ihre Schattenseiten. Diese wurden von anderen Forumslesern schon benannt, Beispiel A: man sei froh, in einer solchen Zeit (des "Monoideismus") nicht gelebt zu haben, Beispiel B: schon damals habe der Konkurrenzdruck der "Großveranstalter" zum Entzug der Erfolgsfilme für andere Spielstätten geführt.

 

Mediale "Gleichschaltung" kann man auch für die 1960er Jahre konstatieren, die das Event um seiner selbst feierten. Der Respekt vor dem Kinogast ist mir dennoch eine Eloge wert: eben ja nicht, weil er nur 1x im Jahr in Kino ging, sondern weil sehr viele Besucher ZHIVAGO weit mehr als 30 oder 50x aufsuchten (und auch nur in einem bestimmten Kino, wonach sie auf WAs auch nur dort warteten). Aber Deine These stimmt: eine derartige Eingliedrigkeit mußte zum Umschwung führen, und dieser trat auch Ende der 60's in Erscheinung. (Daß er im heutigen Mainstream des Sequels aus USA noch nicht hereingebrochen ist, wundert um so mehr.)

 

Solche Phänomene wie ZHIVAGO, seine monumentalen Vorgänger und deren arteigene Aufführungsstätten sind im heutigen (angeblich der individuellen Freiheit frönendem Multimediazeitalter) Kinobetrieb nicht bekannt. Das bedauere ich persönlich außerordentlich, allerdings muß einen "speziellen Nerv" haben für das Genre der Oper, der technischen Wunder und der kinematographischen "Umhüllungsstrategien", um an dieser Aufführungsweise festzuhalten. Immer auch mit der Gefahr verbunden, die Schattenseiten dieser Epoche im zeitlichen Abstand zu verdecken.

 

ZHIVAGO hatte auch bei seiner Erstauführung trotz allen Bombastes diverse Gegner (unter den Literaturfreunden ohnedies) - und viele Gäste dröhnten schon in der Pause des Films, wie langweilig alles sei. Andere schliefen schon während des 1. Teils ein.

 

Persönlich sehe ich auch gerne Filme von Ozu oder Bresson, mitunter immer wieder auch im TV, wenn sie dort laufen und rotz der Einschränkungen auf der Mattscheibe "funktionieren".

 

Beim Epos der 60er Jahre bedarf es nachwievor aber des Zusammenwirkens aller "Rahmenphänomene".

 

Ab heute abend laufen hier etwa fast 500 Filme in nur zehn Tagen an (Berlinale): die Kino-Phänomene und Gefühle aber der 50' und 60 werden sich dort kaum einstellen.

 

Und was die Spielstättenfrage angeht, beharre ich darauf, daß wir anno 2008 in einer Epoche des Rückschritts, des Verfalls und des [es klingt blasphemisch) "ultimativen Untergangs" leben.

 

NSB werden sich vorauss. jenseits des Kino zu bildern haben, möglicherweise unterstützt vom eigentlich unkreativen Medium "Internet-Kommunikation". :cry:

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Bei vielen Erfolgsfilmen ist mit Jahrzehnten Abstand schwer nachvollziehbar, was sie einmal so erfolgreich machte, womit sie den Zeitgeist trafen.

 

In zehn, zwanzig Jahren werden sich junge Leute sicher auch fragen, was denn das Publikum damals an TITANIC, GLADIATOR oder STAR WARS gefunden haben mag. Ich bezweifle, daß den Blockbustern von heute ein so langes Repertoire-Leben beschieden sein wird wie den meisten David-Lean-Epen (BRÜCKE AM KWAI, LAWRENCE VON ARABIEN, DOKTOR SCHIWAGO), Sandalenfilmen wie BEN HUR oder SPARTACUS oder dem nicht totzukriegenden VOM WINDE VERWEHT.

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  • 2 Monate später...

Ungefähr in Deine Richtung könnte dieser sehr anregende Bericht gehen, der auch den Mut findet, Leans "Nachfolger" (James Cameron wird genannt) infragezustellen: http://www.pajiba.com/doctor-zhivago.htm

 

Und DOCTOR ZHIVAGO - ungetrübt von einer zumeist subjektiven, nostalgischen "Filterung" - an seinen möglichen Schwachpunkten anpackt.

 

Hat mir gefallen. :)

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...vielleicht ist die Antwort auch ganz einfach:

Bis zum Beginn der 80er Jahre hatten wir in Deutschland nur Kino und drei Fernsehprogramme (wobei das Dritte ja auch mehr ein Bildungsprogramm war), und die Anzahl der im Fernsehen gezeigten Spielfilme war auch sehr überschaubar.

Immer wieder gab es in den Kinos Wiederaufführungen großer Filme, und das nicht nur für eine Vorstellung, sondern für eine ganze Woche.

So hatten auch Filmfreaks wie ich, die zu Zeiten von den Zehn Geboten, Ben Hur oder Doktor Schiwago noch nicht geboren oder einfach zu jung für solche Filme waren, die Gelegenheit, diese auf großer Leinwand noch zu erleben. Und da es kein Video gab, war dies die einzige Möglichkeit, so manchen Film (wieder) zu sehen.

Selbst ein Film wie Titanic würde bei jungen Leuten, die vor zehn Jahren noch zu jung für diesen Film waren, diesen Film weitaus intensiver erleben und in der Erinnerung stehen lassen, wenn sie ihn jetzt nur in einer Wiederaufführung im großen Kino statt zu Hause auf DVD sehen könnten.

Und dass Doktor Schiwago es auf diese enormen Laufzeiten in den großen 70-mm-Häuser gebracht hat, lag vielleicht tätsächlich daran (wie es in diesem Thread auch schon angedeutet wurde), dass es zunächst nur eine Auswertung mit 70-mm-Kopien gab, dementsprechend nur wenige große Kinos diesem Film zeigen konnten und vielleicht durch entsprechende Verträge mit dem Verleiher auch gar nicht herauskamen.

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